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Hagen

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Bericht: www.Spiegel.de

Samstag, 27.07.2013 – 10:29 Uhr

TEXT:

Bedrohtes Nutztier: Pestizid-Mix in Pollen macht Bienen schwach

Von Nina Weber

Bienen sind einem Cocktail von Pestiziden ausgesetzt,
das unterstreicht eine aktuelle Studie deutlich. Doch sie hat noch ein anderes,
beunruhigendes Ergebnis: Nicht nur Insektizide, auch Pilzvernichtungsmittel können die Bienen ernsthaft schwächen.

Wenn Bienen Pollen in den Stock tragen, dann bringen sie fast immer auch Pestizide mit.
Eine Untersuchung in den USA zeigt jetzt, wie viele verschiedene Pflanzenschutzmittel sich in den
Pollen befinden - und dass auch Fungizide den Bienen schaden können.
Zwar gibt es eine Fülle von Untersuchungen darüber, welchen Einfluss insbesondere Insektizide auf Bienen haben.
Doch wenn es darum geht, welchen Konzentrationen die Tiere in der Natur ausgesetzt wird, wird die Datenlage deutlich dünner.

Ein Team um Jeffery Pettis vom Bee Research Laboratory in Beltsville (US-Bundesstaat Maryland) hat deshalb Pollen von 63 Bienenstöcken analysiert.
Die Bienenvölker wurden zum Bestäuben von sieben verschiedenen Pflanzen an der Ostküste der USA eingesetzt.
Pettis und seine Kollegen sammelten den Pollen in am Stock platzierten Fallen. Anschließend analysierten sie,
von welchen Pflanzen er stammte und welche Pestizide in welcher Konzentration enthalten waren.
Da sie am Ende Proben mehrerer Stöcke vom gleichen Feld bündelten, untersuchten sie insgesamt 19 Pollenproben.

Im Fachmagazin "PLoS One" berichten sie folgendes:

  • Im Schnitt enthielt eine Pollenprobe durchschnittlich neun Pestizide.
  • In einem Fall waren 21 unterschiedliche Pflanzenschutzmittel enthalten.
  • Insgesamt entdeckten die Forscher 35 verschiedene Pestizide.
  • Herbizide waren in gut einem Viertel der Proben zu finden, Insektizide und Fungizide in jeder Probe.
  • Der Anteil von zwei Substanzen überstieg in mindestens einer Probe die sogenannte mittlere letale Dosis.
  • Das heißt: Würden die Tiere allesamt solche Mengen aufnehmen, würde die Hälfte des Bienenvolks
    innerhalb von ein bis zwei Tagen sterben.
Stecken sich die Bienen an?

Man kann sich vorstellen, dass dieser Pestizid-Mix die Bienen in Mitleidenschaft zieht. Aus vielen Untersuchungen ist bekannt,
dass Pflanzenschutzmittel beispielsweise das Verhalten der Bienen und auch ihr Immunsystem beeinträchtigen können.
Die Wissenschaftler folgten nun aber einer speziellen Fragestellung: Beeinflussen die Pestizide, ob sich die
Bienen mit Nosema ceranae infizieren? Die von dem einzelligen Parasiten ausgelöste, auch als Frühjahrsschwindsucht
bekannte Krankheit ist unter Bienen stark ansteckend.
Die Forscher fütterten junge, gesunde Bienen entweder mit einer der Pollenproben, mit einem komplett pestizidfreien
Pollenmix oder einem künstlichen Pollenersatz. Später setzten sie die Insekten einer Nosema-Dosis aus.

Es erkrankten in etwa:

  • 13 Prozent der Bienen, die pestizidfreien Pollen bekommen hatten,
  • 17 Prozent der Bienen, die Pollenersatz bekommen hatten,
  • 24 Prozent der Bienen, die die echten Pollenproben bekommen hatten.
Die Forscher errechneten, wie die verschiedenen Pestizide beeinflusst hatten, ob die Bienen erkrankten.
Das Ergebnis: 14 Pestizide schienen den Parasitenbefall der Bienen zu senken, acht dagegen erhöhten ihn.
Warum manche Pflanzenschutzmittel - darunter fünf von neun Fungiziden - das Krankheitsrisiko reduzierten,
lässt sich anhand der Studie nicht genau beantworten. Gut möglich ist, dass zumindest die Fungizide dem
Parasiten, einem Pilz, deutlich mehr schadeten als den Bienen.

Problematische Anti-Milben-Mittel

Besonders schädlich waren allerdings zwei Stoffe, die gar nicht aus der Umgebung stammten, sondern vom Imker:
Anti-Milben-Mittel, die Bienenhalter in den USA in Stöcken einsetzen. Den Schutz vor Milben, so scheint es,
kann man hier nur erkaufen, indem man die Abwehr gegen einen anderen Parasiten schwächt. "Den Imkern ist klar,
dass diese Mittel auch den Bienen schaden", sagt der an der Studie beteiligte Forscher Dennis vanEngelsdorp von der

University of Maryland. Doch man komme um deren Einsatz nicht immer herum. Er vergleicht es mit einer Chemotherapie:
"Die ist ebenfalls sehr ungesund. Aber sie kann gegen Krebs helfen, der sonst tödlich ist."

Am anfälligsten für Nosema machte die Bienen allerdings ein Fungizid: das auch in der EU zugelassene Pyraclostrobin.
Bienen, die den Stoff mit dem Pollen aufgenommen hatten, erkrankten fast dreimal so häufig wie Bienen, die ihn nicht verzehrt hatten.

"Menschen denken bisher kaum daran, dass Fungizide Bienen beeinträchtigen, weil sie nicht entwickelt wurden, um Insekten zu töten",
sagt vanEngelsdorp. Während es strenge Regeln für den Einsatz von Insektiziden gebe, fehlten diese in Bezug auf Fungizide. Oft sehe man,
wie sie an Stellen gespritzt werden, an denen Bienen unterwegs sind. "Es wäre sinnvoll, diese Produkte anders zu kennzeichnen, damit das nicht mehr passiert."

Seit Jahren bereitet das vor allem in Europa und Nordamerika grassierende Bienensterben Forschern und Imkern Sorgen.
Neben Pestiziden werden auch Krankheitserreger, Klimaveränderungen und fehlende Pflanzenvielfalt dafür verantwortlich
gemacht - wahrscheinlich beruht das Phänomen auf einer Kombination dieser Faktoren.

Die EU hat zwar kürzlich die Nutzung mehrerer Insektizide zeitweise verboten oder stark eingeschränkt - die aktuelle Studie zeigt jedoch,
dass es wahrscheinlich nicht reicht, sich nur um diese Klasse von Pflanzenschutzmitteln zu kümmern.

TEXT ENDE
 
Bericht spiegel.de, Donnerstag, 20.03.2014 – 13:36 Uhr
Quelle: http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/pestizide-machen-bienen-orientierungslos-a-959820.html

Originaldokument: http://www.plosone.org/article/info:doi/10.1371/journal.pone.0091364


Zitat Spiegel:

Pestizide: Schadstoff im Körper, Orientierung weg


Immer wieder wird die schädliche Wirkung von Pestiziden auf Honigbienen diskutiert. Eine Studie zeigt nun: Schon in geringen Mengen bringen einige der Schadsubstanzen das Nervensystem von Wildbienen und Hummeln durcheinander und rauben den Tieren die Orientierung.

Pflanzenschutzmittel verschlechtern Forschern zufolge die Orientierungsfähigkeit von Honigbienen und anderen bestäubenden Insekten. Schon kleine Mengen von Pestiziden wirkten sich auf das Nervensystem auch von Wildbienen und Hummeln aus, fand ein Team um den Neurobiologen Randolf Menzel von der FU Berlin heraus. Erst im Juli 2013 hatten Forscher nachgewiesen, dass ein Cocktail aus Pestiziden Bienen deutlich schwächt.

Bienen orientieren sich nach dem Sonnenkompass und entwickeln für ihre Flugrouten rund um den Bienenstock eine innere Landkarte. Im Experiment testeten die FU-Forscher die Wirkung der beiden nach ihren Angaben derzeit verbotenen Pestizide Imidacloprid und Clothianidin sowie des Pflanzenschutzmittels Thiacloprid: Sie trainierten eine Gruppe Bienen zunächst darauf, eine Futterstelle 400 Meter entfernt vom Bienenstock direkt anzufliegen. Danach summten die Tiere wieder zurück. Anschließend fingen die Forscher die Bienen nach dem Futtern ein, und ließen sie an versetzter Stelle frei: Nach dem Scheitern des direkten Heimflugs und kurzem Suchen orientierten sich die Bienen an ihrer inneren Landkarte neu und fanden trotzdem zum Stock zurück, schreiben die Forscher im Fachmagazin "Plos One".
Als dritten Schritt bekamen die Bienen an der Futterstelle geringe Mengen Pestizide verabreicht: Jetzt fanden deutlich weniger Bienen den Weg zurück zum Stock - und diesen oft nur auf Umwegen.
"Der Befund unserer Untersuchung ist deshalb von allgemeiner Bedeutung, weil der Einsatz von Pflanzenschutzmitteln, den sogenannten Neonicotinoiden, die das Nervensystem der Insekten beeinträchtigen und sie dadurch töten, kontrovers und heftig diskutiert wird", betonte Menzel. Allerdings seien die Ergebnisse bislang an einzelnen Bienen gesammelt worden und die Effekte auf ganze Bienenvölker noch nicht untersucht.

jme/dpa
 
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