Varroa-Toleranzzucht im Kleinen und Varroa-Schleuder-Schutz

Spessartbiene

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Großer ungeteilter Brutraum im Naturbau / Zwischenableger
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Nein
Servus zusammen,

zum Thema Varroa-Toleranzzucht spukt mir ein Gedanke durch den Kopf und ich weiß nicht, ob der Sinn macht. Deswegen bitte ich um Euer Feedback.
Wenn ich in einem Jahr mal mehr Bienenvölker habe als ich will könnte ich diese Völker ja einfach nicht behandeln und hier im Kleinen natürliche Selektion betreiben.
Das große Problem dabei: Wie verhindere ich die Reinvasion anderer Völker im Flugkreis. Ich habe die Bienen ja nicht auf einer Insel stehen.
Was wäre, wenn ich diese ausgewählten Völker generell mit >>Räubergitter<< ausstatten würde?
Wenn diese Völker dann ggf. am Varroadruck zusammenbrechen wäre durch das Räubergitter zumindest eine Reinvasionsform eliminiert.
Wäre trotzdem durch "auswandernde" Bienen oder gar Varroaschwärme mit einer Belastung anderer Völker zu rechnen?

Meine beiden Hauptfragen sind:
1) Welche Methoden gibt es, andere Völker im Flugkreis vor bewusst gehaltenen Varroaschleudern zu schützen?
2) Macht ein solches Vorgehen für einen relativ kleinen Imker überhaupt Sinn (vorausgesetzt umliegende Völker können geschützt werden)?

Gruß,
Hermann
 
Hallo Hermann,

Die Uni-Hohenheim hat ein mal einen Feldversuch gestartet, was die Reinvasion angeht.

Hier das Ergebnis:

ErgebnisseMilbeneintrag fand auch über Entfernungen von 800 m statt, bei 1,5 km wurden hingegen nur vereinzelt Milben eingetragen.
Bei starkem Befallsdruck wurden bis zu 37Varroa-Milben pro Volk und Woche eingetragen.
Der Milbeneintrag war vom Befallsdruck durch Spendervölker und der Entfernung abhängig.
Jahr2006
In Bienenvölker, die in einer Entfernung von 1,5 km zu den Spendervölkern aufgestellt waren, wurden ähnlich viele Milben eingetragen, wie in Völker in einem Meter Entfernung.
Der durchschnittliche Milbeneintrag betrug 18 -40 Milben pro Volk und Woche.
Die Höhe des Milbeneintrags war nicht von der Entfernung der Bienenvölker abhängig.
Fazit
InderUmgebungstarkbefallenerBienenvölkerfindeteinerheblicherMilbeneintragstatt.EineEntfernungvon1,5kmbietetkeinenausreichendenSchutzvordemEintragvonMilben.DerVergleichderErgebnisseausdenJahren2000und2006zeigt,dassderMilbeneintraginunterschiedlichenJahrentrotzähnlichemBefallsdruckstarkvariierenkann.
Manmussdavonausgehen,dassinGebietenmithoherBienendichtederBefallsdruckunddamitderMilbeneintragnochhöherist.DiesmussbeiderUmsetzungvonregionalenVarroa-Bekämpfungskonzeptenberücksichtigtwerden.Vektor
Jahr2000
 
Hallo Hermann,

zuerst möchte ich Dich zu diesem sehr mutigen Schritt beglückwünschen und aber auch Mut machen. Wenn es nicht vielleicht sofort gehen wird, dann vielleicht in einiger Zeit.

Ich schreibe diese Zeilen, weil ich mir vorstellen kann, dass man mit dieser Lutherschen Meinung auch schnell in der Luft zerrissen wird.

Du solltest folgende Punkte beachten (meiner Meinung nach):

Es besteht ein Behandlungsgebot in der BRD (wenn ärztlich, oder vom Veterinär festgestellt)
Es ist noch immer nicht eindeutig klar, warum manche Bienen in bestimmten Regionen mit der Varroa leben und warum es manche nicht können
Ort und Stelle sollten soweit abgelegen sein, dass die Bienen ihre Ruhe haben
Betriebsweise muss gewählt werden (Lusby, Bush, Murrell, Hanniske....)
Verlustfrage stellen. Kann ich wirklich riskieren, dass die Bienen sterben werden?

Ansonsten bist Du damit nicht alleine auf der Welt.

Was das Thema Reinvasion angeht, so gehe ich damit anders um. Habe ich einen Problemstock, oder mein Nachbar? Da dies keiner abschließend klären kann, bleiben nur Mutmaßungen. Ich kenne zumnidest keinen erfahrenen Imker persönlich, der an das Zauberwort Reinvasion glaubt. Man geht eher davon aus, dass der Stock schon so geschwächt war, dass er zusammengebrochen ist.

Meine Gedanken dazu.
 
Hallo Hermann

ein Räubergitter taugt zu diesem Zweck nicht

Gruß Milb

PS ich würde es so nicht machen
 
zuerst möchte ich Dich zu diesem sehr mutigen Schritt

Hi Tim,

nur mal langsam mit den Pferden ;) entschieden hab' ich das noch nicht aber danke für die aufmunternden Worte.
Zunächst will ich erst mal klären, welche ernst zu nehmenden Risiken bezüglich Reinvasion anderer Völker bestehen und ob es wirklich etwas bringt, dies mit wenigen Völkern zu versuchen.
Wie es aussieht würde ich dazu aber doch einen isolierten Stand brauchen. Schau'n mer mal :) .

Gruß,
Hermann
 
Naja,

ich gehe davon aus, dass wenn jemand schon einmal ein Rezept für einen Kuchen sucht, dass er diesen auch gerne backen möchte.

Also, der Samen ist gepflanzt und es wird in Deiner Region sicherlich ein Pilot sein. Einer, der sicherlich wertvolle Erkenntnisse liefern kann, von denen alle anderen partizipieren könnten.
 
ich gehe davon aus, dass wenn jemand schon einmal ein Rezept für einen Kuchen sucht, dass er diesen auch gerne backen möchte.

Damit hast Du sicherlich recht :) . Hoffen wir mal, dass ich ein Rezept ohne Inhaltsstoffe finde, gegen die ich allergisch bin ;) .

Gruß,
Hermann
 
Es ist mehr eine Frage des Umfelds und wie behutsam man damit umgeht. Mitunter kann aber eine unabhängige Institution behilflich sein. Forst, Naturschutzverbände, Gemeinde.

Es sollte wirklich ein Gebiet sein, bei dem die Bienen und Du bei der Kontrolle ungestört sind. Es geht darum, die optimalen Bedingungen zu erreichen, die man noch aufwenden kann, damit es später in einer Betriebsweise unterzubringen geht. Ich vermute, es geht sehr stark in die Themen Vereinfachung durch Unterlassung, Honigeinfütterung, natürliche Zellen, weniger massive Bienenaufstellungen.

Muss man aber schauen.
 
Hallo Hermann,

ich möchte dich nicht entmutigen, aber ich wollte meinen Senf dazu geben, da ich auch mit diesen Gedanken mal gespielt habe.
Was mich von solchen Versuchen abgehalten hat, sind u.A. folgende Gründe:

a) Es ist unmöglich einen fairen Vergleich der Völker bzg ihrer Varroa-Toleranz zu machen!
So lange man nicht mit Laborbienen startet, bei denen die Anfangspopulation und Stand von sowohl dem Bienenvolk als auch von den Milben bekannt ist, wird es unmöglich sein zu bewerten, welches Volk am Ende wirklich zäher und überlebensfähiger ist.
Erst vorgestern habe ich einen Bienenstand in 1 km Entfernung von mir gemeldet, was da los war, möchte niemanden sehen. Von 3 Bienenhüten voller vergammelten Kasten leben nur noch 2 Völker, alle andere Beuten stehen offen, aber noch voll mit Altwaben und toten Völkern, wie das aussieht, kann sich jeder vorstellen. Ein Haufen alter Waben steht auch einfach aufm Boden :(

Nun ich gehe davon aus, dass meine Bienen den Stand schön längst entdeckt haben, aber haben alle Völker gleichmäßig Milben und andere Krankheiten von diesem Stand geschleppt? Das bezweifele ich stark. Allein an die Pollenfarbe am Flugloch, sieht man wie unterschiedlich die Völker Futterquellen entdecken und befliegen!

Würde ich nun das Volk eingehen lassen, das den vergammelten Stand als erstes entdeckt hat, wäre dies eine falsche Selektion gewesen, denn dieses Volk war bestimmt nicht das schwachste oder dummste Volk in meinem Stand, eher das Gegenteil!

Dass du dir Gedanken wegen Räuberei-Verhinderung machst, finde ich sehr gut und wichtig. Diese Verantwortung machen leider nur wenige, die diesen Weg gehen oder testen wollen. Dafür mein Respekt und Dank an dir, dass du an deine Nachbarbienen im ernst denkst!

b) Ob ein Volk überlebt oder nicht, hat viele andere Faktoren, die von kleinen Imkern nicht feststellbar sind. Der Zufall wird bei solchen Versuchen eine sehr große Rolle spielen. Deswegen meine ich auch, dass aussagekräftige Ergebnisse nur von Imkern mit sehr vielen Völkern (über 100!) und auf isolierten Standorten zu erwarten sind.

Effektiver würde ich finden, wenn wir eine Institution unseres Vertrauen damit beauftragen, für UNS zu forschen. Dass wir so was nicht finanzieren können und die Unabhängigkeit solche Institutionen schwer zu prüfen ist, ist und bleibt leider unser Schwachpunkt :). Spenden oder Mitarbeit bei der Varroatoleranzzucht-Geimeinschaft sind nicht verkehrt.

LG Salsa, der Waldpolizist :) da er vorgestern nicht nur den vergammelten Bienenstand gemeldet hat, sondern auch ein angefahrenes Reh am Straßenrand. Ein blühendes Selffeld habe ich nach meinen Bienen auch entdeckt.
 
Kleine Anmerkung von mir:

Es gibt erste postive Tests mit 20 Völkern.

Man kann durchaus an den überlebenden (nicht gestorbenen) Völkern erkennen, was anders läuft. Dazu benötigt man aber eben auch die Kenntnisse über konventionelle, behandelte Völker.

Ich fürchte, man darf / muss auch hier einen Begriff besonders anführen, der vielleicht verhasst sein könnte: Gespür

Ohne ein gewisses Talent an den Bienen, wird man die Zwischentöne nicht mitbekommen. Es wäre interessant, wenn sich die Nichtbehandler in einem freien Forum treffen könten. So, gemischt mit Behandlern, wird es schwer, die Schritte abzustimmen.

Kommt Zeit, kommt Rat.
 
1) Welche Methoden gibt es, andere Völker im Flugkreis vor bewusst gehaltenen Varroaschleudern zu schützen?

... leider keine. Außer: Großen Abstand zum nächsten Bienenstand

2) Macht ein solches Vorgehen für einen relativ kleinen Imker überhaupt Sinn (vorausgesetzt umliegende Völker können geschützt werden)?
... jein.

Sinnvoll wäre es, wenn man eine sehr große, genetisch "bunte" Ausgangspopulation hätte.
Ob man durch Glück (das Glück des Tüchtigen!), auch mit kleinen Ausgangspopulationen zum Ziel kommt, ist nicht sicher. [ich bin der Meinung, dass es sehr großer Zufall wäre, wenn es so funktionieren würde].
Sinnvoll wäre es, wenn sie viele "kleine Imker" zusammen tun würden für das Ziel der Varroatoleranz.

Ich weiß, dass es mehrere Imker in Mitteleuropa gibt, die ebenfalls durch mehr oder weniger Nichtbehandlung das Ziel erreichen wollen. Soweit ich weiß, hat es noch nirgendwo richtig funktioniert.
 
Ich kann hier noch etwas mehr ins Detail gehen und das Buch von Steffen Hanniske empfehlen:

http://www.amazon.de/Bücher/s?ie=UT...iske&page=1&rh=n:186606,p_27:Steffen Hanniske

Herr Hanniske hat hier noch einmal zusammengetragen, was er für wichtig und richtig hält. Laut seiner Aussage, mir gegenüber, hat man mit 20 Völkern den ersten Überlebenstest gemacht. Seine bisherigen Überlebenden sind Mischlinge aus Buckfast und Mellifera, sowie andere Hybriden. Keine Reinrassigen.

In seinem Buch hat er eine andere Strategie, als das von Milb einst angeführte "Verreckenlassen". Milb, ich wollte das Drastische noch einmal wiedergeben, ohne Dich zu diffamieren!

Mehr kann und möchte ich nicht aus dem Buch wiedergeben, da der Autor ansonsten nichts für sein geistiges Werk bekommen wird.
 
Hallo,

Leute ohne dass ich hier jemanden entmutigen möchte: Ein Imkerkollege dessen Familie ich persönlich sehr gut kenne imkert sicherlich schon mehr als 10 Jahre eher 15 Jahre, Behandlung hat er bis heuer laut Familie nie durchgeführt. Die letzte Saison 2012/13 war dann Rekord: Von 80 Bienenvölker haben ca. 14 überlebt. Von den 14 restlichen habe ich mich dann persönlich überzeugt, da diese frei zugänglich sind, die sind wirklich geflogen.
Die Jahre zuvor sahen von den Verlusten so weit ich mich erinnern kann ähnlich aus, nur dass er nicht mit so vielen Bienenstöcke in den Winter ging. Ach ja nicht mal 100 m entfernt hat ein anderer Imker seinen Bienenstand..., glaube der hat bis jetzt nix mitbekommen..., wäre interessant mal zu fragen was er von "Reinvasion" hält:toothy8:
Auch dieser Bienenstand ist frei zugänglich, im Frühjahr gab es zwar dort nach meinen Beobachtungen auch Ausfälle, aber die waren nicht so schlimm, von ca. 40 haben ca. 30 - 35 überlebt.
Und nur wenn sich wer fragt woher der Nichtbehandler die vielen Bienenstöcke hatte, ja solche gratis "Quellen" gibt (gab) es wirklich.

Bienenrasse: Carnica

lg
Gerhard
 
Hallo,

ich würde (wenn überhaupt) die Völker nicht einfach Verreckenlassen und dann vom dem nachziehen der sich am längsten mit dem Tode quält, sondern gucken, welche Völker am Ende der Saison die geringsten Fallzahlen bei den Behandlung haben. Dann kann man nämlich auch gucken, welche andern Eigenschaften das Volk hat. Denn was bringt einem ein Varroatolerantes Volk, wenn es keinen Honig macht und Stechlustig wie Teufel ist.

Außerdem ist das Behandeln doch kein großes Problem.

Mfg Malte Niemeyer
 
Außerdem ist das Behandeln doch kein großes Problem.

Schon, aber darum geht es mir nicht. Es stimmt mich einfach nachdenklich, dass die Behandlung gegen die Varroa ohne abzusehendes Ende ist. Es ist schon die viel diskutierte Frage, ob wir heute vielleicht eine varroatolerante Biene hätten, wenn wir generell auf Behnadlungen verzichtet hätten, die mich umtreibt.

Aber wer hätte schon die immensen Verluste, die dadurch entstehen ertragen können? Für Berufsimker wäre dies der sichere Ruin gewesen. Selbst habe ich vor rund 20 Jahren in meiner imkerlichen Anfangszeit in einem Winter den kompletten Bienenstand (16 Völker) verloren - weil ich noch falsch behandelt habe.

Deswegen werde ich meinen Hauptbestand weiter - so sanft wie möglich - behandeln. Meine Idee mit "üerschüssigen" Völkern Richtung Varroatolernz zu abeiten ist wohl recht halbherzig. Trotzdem will ich die Idee noch nicht aufgeben und mir ggf. einen isolierten Außenstand suchen wenn andere Mechanismen nicht greifen.

Gruß,
Hermann
 
20 Völker, 100 Völker hier, in Brasilien, sind so gut wie alle Völker der "resistenten" Scut eingegangen... und da sprechen wir von 10.000den... züchtet mal schön ohne Drohnenauslese/kontrolle... das ist so sinnvoll wie in der Lotterie zu spielen und den Lottoschein in den Müll zu werfen...ABSURD
 
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