Info-Block Juni von WL Gerhard Mohr

Astacus

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16 Okt. 2007
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Ort
Südstadt
Imker seit
2004
Heimstand
Güssing
Rähmchenmaß/Wabengröße
EHM, Zanderflach
Eigene Kö Zucht ja/nein
Ja
WL Gerhard Mohr, Landeszuchtwart Vorarlberg, A-6952 Hittisau, Bolgenach 248
Achtung neue Tel-Nr. ab 25.Mai: 0664/73836823 E-Mail: gerhard.mohr@vol.at

Geschätzte Imker/innen!

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Wer eine größere Anzahl Völker betreut hat im Juni alle Hände voll zu tun. Entnahme und Schleuderung des Frühjahrshonigs, Beobachtung des Schwarmtriebes, Königinnenzucht und die Bildung und Pflege von Jungvölkern fordern unseren ganzen imkerlichen Einsatz.

Die Volksstärke unserer Bienenvölker erreicht im Juni ihren Höhepunkt. Die im Mai angelegten großen Brutflächen schlüpfen, die Königin geht mit der Eiablage meist schon etwas zurück. Der Juni ist der Monat mit der größten Trachtbereitschaft, denn immer mehr Bienen müssen weniger Brut pflegen. Daher steht ein gewaltiges Heer an Flugbienen zur Verfügung.

Ernte des Blütenhonigs

Bevor die von uns so erhoffte Waldtracht beginnt, sollte der Blütenhonig geschleudert werden. Nach einer Trachtpause ist der Honig reif und die verdeckelten Waben können entnommen werden. Ich belasse den Völkern aber mindestens soviel Honig, dass sie 5 - 6 kg Futterreserve haben. Sind die Honigwaben nicht vollständig verdeckelt, wird ihr Wassergehalt mit der Spritzprobe überprüft. Beim Abstoßen der Waben dürfen keine Tröpfchen abspritzen, dann ist der Honig ausreichend gereift. Gerade bei kleineren Trachten, wie sie bei uns im Westen üblich sind, sind Flachwaben vorteilhaft, da sie wesentlich schneller als Ganzwaben verdeckelt werden. Bei der Honigentnahme und beim Transport der vollen Zargen macht sich auch das geringere Gewicht der Flachzarge positiv bemerkbar.
Vormittags werden die Honigräume abgenommen und die Bienen von den Waben abgekehrt. Zum Abkehren verwende ich eine Abkehrmaschine, die mir die Arbeit wesentlich vereinfacht und in trachtloser Zeit „Schnüfflerinnen“ länger abhält.
Am Nachmittag werden dann die Waben, die noch stockwarm sind, geschleudert. Der Honig wird gesiebt und in ca. 40 kg fassende Lagerbehälter abgefüllt. Für meine Betriebsgröße genügt mir zur Entdeckelung eine einfache Entdecklungsgabel und für die Schleuderung eine sechsteilige Selbstwendeschleuder (für 12 Langstroth-Flachwaben). Jungfernwaben lassen sich bei einiger Übung mit der Gabel sehr schnell entdeckeln. Während der Schleudervorgang läuft (ca. 10 min), können die nächsten 12 Waben entdeckelt werden.

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Die sechsteilige Schleuder läuft vollautomatisch und fasst 6 Dadant- bzw. 12 Langstroth-Flachwaben.

Vermarktung

Mit der Honigschleuderung beginnen auch die Gedanken an die Vermarktung. Diese ist bei uns im Westen kein allzu großes Problem, denn die Nachfrage nach Vorarlberger Bienenhonig ist größer als das Angebot. Einerseits liegt das am besonderen Geschmack und der ausgezeichneten Qualität unseres Blüten- und Waldhonigs, wohl aber auch an den geringeren Ernten, die die Nachfrage steigen lassen. Ich verkaufe den meisten Honig an der Haustüre und beliefere zusätzlich ein kleines Lebensmittelgeschäft in meiner Heimatgemeinde. Dort kann sich mein Honig trotz höherem Preis (1 kg Glas 11,90 €) gegen die billigere Konkurrenz durchsetzen. Kunden, die den Weg zu mir nach Hause nicht scheuen, können das 1 kg-Glas um 11 € und das ½ kg-Glas um 6 € erwerben. Um keinen Neid aufkommen zu lassen möchte ich aber gleich hinzufügen, dass trotz des höheren Preises die Gestehungskosten damit nicht immer abgedeckt sind. Nur in guten Tannentrachtjahren wirft die Imkerei bei uns eine Rendite ab.
Ich wurde schon von mehreren Seiten auf meine Meinung zur Bio-Imkerei angesprochen. Grundsätzlich stehe ich Bio-Lebensmitteln sehr positiv gegenüber und wir (meine Frau und ich) kaufen auch sehr oft Bioware im Geschäft. Noch lieber ist es uns aber, wenn wir Lebensmittel direkt beim Bauern oder Erzeuger beziehen können, wo wir sehen und aus persönlichen Gesprächen erfahren können, wie sie produziert werden.
Ich denke, so ähnlich geht es meinen Kunden, wenn sie bei mir Honig kaufen. Im persönlichen Gespräch erfahren sie eine Menge über die Vorzüge des heimischen Honigs aus meiner Imkerei (Standorte der Bienenvölker, Honig enthält heimischen Pollen, Bestäubung heimischer Pflanzen, eigener Wachskreislauf, Varroabekämpfung mit organischen Säuren, schonende Verflüssigung…), was sehr vertrauensbildend wirkt.
Wer aber größere Mengen an Honig vermarkten muss und keine Möglichkeit mehr hat, seine Kunden im persönlichen Gespräch von der Naturbelassenheit seines Produkts zu überzeugen, dem kann es nur nützen, einem Bio-Verband beizutreten, sofern er/sie auch dazu bereit ist, die geforderten Richtlinien einzuhalten.
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Wenn die Tanne honigt, können auch einmal mehrere Zargen übereinander mit dem wertvollen Produkt geerntet werden.

Waldtracht

Da bei uns im Juni keine Blütentrachten (außer der Alpenrose im Hochgebirge) zu erwarten sind, konzentriert sich das Interesse der Imker ganz auf die Waldtracht. Lachniden und Lecanien sind es, die uns in manchen Jahren einen Honigsegen bescheren.
Die gut vorhersehbare Lecanientracht spielt in meiner Gegend (leider) kaum eine Rolle und so sind es vor allem die beweglichen, mehrere Generationen aufbauenden Lachniden, denen ich meine Aufmerksamkeit widme. Es macht keinen Sinn, einfach „aufs Geratewohl“ Waldstandorte anzuwandern in der Hoffnung, der Wald würde zu honigen beginnen. Der Aufwand einer Wanderung ist erst dann gerechtfertigt, wenn gute Chancen auf eine Tracht bestehen. Darum sollten wir Imker/innen uns auch die nötige Zeit zum Beobachten der Entwicklung der Rindensauger nehmen. Anfangs tappt man dabei sehr viel im Dunkeln, aber mit der Zeit wird daraus eine faszinierende Tätigkeit, die einem sehr viele Zusammenhänge in der Natur vermittelt und Spannung beschert. Für eine Wanderung in den Wald sollten unbedingt die notwendigen Vorschriften (Wanderzeugnis, ausreichend Abstand zu den Heimständen, Beschriftung des Wanderstandes,…) eingehalten werden.
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Die rotbraun bepuderte Fichtenrindenlaus kann in kurzer Zeit große Kolonien aufbauen. Durch ihren Sitz vorne in den Maitrieben ist sie sehr wetterempfindlich und kommt daher bei uns im Westen oft nur kurze Zeit zum Honigen. Bei sehr großen Tageszunahmen bringt sie uns meist Melezitosehonig. Foto: S. Schmid
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Grüne Tannenhoniglaus (Buchneria) bei der Ablage eines Wintereis. Die grüne Tannenhoniglaus honigt normalerweise im Zweijahresrhythmus (alle 4 Jahre ausgiebig). Aufgrund der geringen Anzahl Wintereier wissen wir, dass in den meisten Gebieten Vorarlbergs 2008 kein Tannentrachtjahr zu erwarten ist. Foto: S. Schmid
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Das Honigen der Tanne kündigt sich durch Verspritzungen im Unterholz an.

Jungvolkbildung

Spätestens im Juni beginnt für uns auch die Zeit, wo wir an die Absicherung unseres Völkerbestandes denken sollten. Wer im Mai mit der Zucht begonnen hat, verfügt nun über begattete Reinzuchtköniginnen, die für die Jungvolkbildung sehr willkommen sind.
Die einfachste Form der Jungvolkbildung ist der Brutableger. Für einen Ableger verwende ich eine Flachzarge mit 5 - 6 überwiegend gedeckelten Brutwaben, 2 Futterwaben und einer Pollenwabe, jeweils mit den ansitzenden Bienen. Die Brutableger werden auf einen eigenen Jungvolkplatz verbracht und nach 9 Tagen Weisellosigkeit mit einer Reinzuchtkönigin beweiselt, nachdem die angesetzten Nachschaffungszellen ausgebrochen wurden. Für die gute Annahme der Königin ist es wichtig, dass alle Zellen ausgebrochen werden. Darum fege ich die Waben beim Ausbrechen ab, um keine Zelle zu übersehen. Wenn die dem Ableger mitgegebenen Brutwaben geschlüpft sind und die Jungkönigin ein schönes Brutnest angelegt hat, wird er mit einer zweiten Flachzarge erweitert und in regelmäßigen Abständen gefüttert. Bei der Flachzargen-Betriebsweise sollten auch Jungvölker auf zwei Magazinen eingewintert werden. Wenn kein besonderer Varroadruck vorhanden ist behandle ich die Jungvölker wie die Wirtschaftsvölker Ende Juli/Anfang August mit Ameisensäure. Auf keinen Fall sollte man eine AS-Behandlung kurz nach dem Einweiseln der Jungkönigin durchführen.

Kunstschwarm

Die schönste und vom gesundheitlichen Standpunkt her auch die beste Art Jungvölker zu bilden, ist der Kunstschwarm. Er steht dem Naturschwarm in puncto Baulust um nichts nach und hat den großen Vorteil einer jungen, bereits begatteten Königin. Ich bilde Kunstschwärme vor allem in Jahren mit frühem Trachtschluss. Die Bienenvölker mit viel Brut und überschüssigen Bienen, die nicht in der Leistungsprüfung stehen, werden dafür herangezogen.
Im Zuge der Honigernte oder beim Abräumen wird ein Teil der von den Waben abgekehrten Honigraumbienen nicht ins Volk zurückgegeben, sondern in eine Kunstschwarmkiste mit guter Belüftung und aufgesetztem Trichter abgeklopft. Dabei ist es wichtig, dass man nicht versehentlich die Stockmutter erwischt, man sollte sie zuerst suchen. Für einen Kunstschwarm kann man auch Bienen aus mehreren Völkern vereinigen. Je nach Jahreszeit verwende ich etwa 1,5 – 3 kg Bienen (Anfang Juni 1,5 kg, Ende Juli 3 kg). Wenn man die Kunstschwarmkiste auf eine Waage stellt, kann man die richtige Menge genau abwiegen.
Nach frühestens einer Stunde (Weiselunruhe) wird eine begattete Königin ohne Begleitbienen im verschlossenen Käfig zugesetzt und der Schwarm für 24 bis 48 Stunden in einen dunklen Kellerraum gestellt (leichte Fütterung, Lüftung). Die Bienen benötigen diese Zeit, um mit der Jungkönigin zu einer harmonischen Einheit zusammenzuwachsen, ähnlich einem Nachschwarm.
Nach der Kellerhaft wird der Schwarm abends auf Mittelwände eingeschlagen und die Königin freigegeben (Ausfresskäfig) oder einfach zu den Bienen dazugeworfen. Dabei ist mir noch nie eine Königin abgestochen worden.
Anfangs erfolgt eine rasche Fütterung mit ca. 5 kg Zucker (flüssig im Verhältnis 1:1), um die Bautätigkeit anzuregen. Später füttert man besser in kleineren Portionen, damit die Königin genug Platz für die Eiablage findet. Für eine gute Entwicklung des Kunstschwarms ist es unbedingt nötig, dass ein gutes Pollenangebot vorhanden ist.
Auch spät im Jahr gebildete Kunstschwärme werden von mir nur auf Mittelwände eingeschlagen, keinesfalls gebe ich einzelne ausgebaute Waben dazu. Warum? Durch den Druck der Fütterung werden die zentralen Waben sehr schnell ausgebaut und anfangs mit Futter vollgetragen. Erst danach tragen die Bienen das Futter nach außen um und richten Leerzellen für ein Brutnest her. Werden in die Mitte der Zarge ein oder zwei ausgebaute Waben gehängt, so verlängern die Bienen die Zellen dieser Waben zur Einlagerung des Futters und die Nachbarwaben werden nur ungenügend ausgebaut. Man hat dann von Anfang an einen unregelmäßigen Wabenbau. Kunstschwärme mit einem Gewicht über 2 kg schlage ich immer auf zwei Flachzargen ein. Eine Varroabekämpfung der brutfreien Schwärme ist einfach und hochwirksam möglich. Die Bienen werden einfach vor der Kellerhaft in der Schwarmkiste durch das Lüftungsgitter mit 30 – 50 ml Oxalsäure beträufelt.
Ich wünsche Ihnen viel Freude bei der Bildung und Pflege ihrer Jungvölker und eine gute Honigernte!
Ihr Monatsbetrachter
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Die begattete Jungkönigin bildet das Herzstück eines Kunstschwarms.
 
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