Info-Block Mai von WL Gerhard Mohr

Astacus

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16 Okt. 2007
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Ort
Südstadt
Imker seit
2004
Heimstand
Güssing
Rähmchenmaß/Wabengröße
EHM, Zanderflach
Eigene Kö Zucht ja/nein
Ja
Info-Block Mai
Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene
WL Gerhard Mohr, Landeszuchtwart Vorarlberg, A-6952 Hittisau, Bolgenach 248
Tel:0699/10855137 E-Mail: gerhard.mohr@vol.at

Geschätzte Imker/innen!
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Seit ich Bienen halte ist für mich das Frühjahr die schönste Jahreszeit. Ich erlebe das große Blühen, Wachsen und Vermehren in der Natur viel intensiver. Für uns Imker/innen beginnt eine spannende, mitunter aber auch sehr arbeitsreiche Zeit.

Der Wonnemonat Mai

Ist der Mai wirklich ein Wonnemonat? Für unsere Bienenvölker jedenfalls schon, denn sie können aus dem Vollen schöpfen, wachsen und gedeihen. Die Legeleistung der Königin erreicht mit bis zu 2500 Eiern pro Tag ihren Höhepunkt. Durch die vielen schlüpfenden Jungbienen platzen die Völker aus allen Nähten und müssen erweitert werden. Die vierte und manchmal auch schon die fünfte Flachzarge werden im Laufe des Mai aufgesetzt. Je nach Trachtsituation und Bautrieb werden sie eher mit Mittelwänden oder mit ausgebauten Jungfernwaben bestückt. Bei guten Wetterbedingungen sammeln die Bienen in den Honigräumen einiges an Frühjahrsblütenhonig an, der bei genügend Reife bereits Ende des Monats geerntet werden kann. Ich warte mit der Ernte immer die nachfolgende Trachtpause ab, dann sind die Bienen gut versorgt und der Honig erreicht einen optimalen Reifegrad. Mitunter stellt sich im Mai aber auch Schwarmtrieb in den Völkern ein.

Schwarmzeit - Wonnezeit?
Auch das Schwärmen bedeutet Wonne, zumindest für die Bienen. Das zeigt die Friedfertigkeit von Schwarmbienen, die von ihren Hormonen (bzw. Pheromonen) gesteuert in ihrem "Schwarmtaumel" kaum zu Aggressivität zu bewegen sind, ähnlich einem verliebten Pärchen.
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Auch Kinder sind fasziniert vom Naturschauspiel Schwarm.

Die Einigkeit, Lebenskraft und Dynamik von Naturschwärmen ist wohl unübertroffen. Trotzdem verzichte ich (wie wohl die meisten Imker) liebend gerne auf den Schwarmtrieb in den Völkern. Auf Außenständen sind die meisten Schwärme für den Imker verloren und auch die evtl. nachfolgende Waldtracht kann von den abgeschwärmten Völkern nicht mehr ausreichend genutzt werden. Es gilt daher, durch geeignete Völkerführung das Aufkommen des Schwarmtriebs zu verhindern. Die Maßnahmen zur Schwarmvorbeugung lassen sich auf einen einfachen Nenner bringen: "Arbeitslosigkeit im Bienenvolk vermeiden!". Das Bienenvolk sollte immer genügend Gelegenheit zur Brutpflege und zum Bauen sowie Platz zum Einlagern von Nektar haben.
Das kann der Imker dadurch erreichen, dass er
· rechtzeitig erweitert,
· viele Mittelwände bauen lässt
· den Baurahmen einsetzt
· in der Entwicklung , vorauseilende Völker schröpft (Bienen- und/oder Brutwabenentnahme zur Jungvolkbildung) .

Das wirksamste Mittel gegen Schwarmtrieb ist aber der Einsatz von Königinnen, die auf Schwarmträgheit gezüchtet wurden. Da die Schwarmtriebigkeit eine große Erblichkeit aufweist, lassen sich hier innerhalb kurzer Zeit große Erfolge erzielen. Man darf den Bogen nur nicht überspannen, sonst geht das auf Kosten der Entwicklungsfreudigkeit.
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Bei vorhandener Tracht sollte der Bautrieb unserer Bienenvölker voll ausgenutzt werden. Dadurch entsteht Platz für die Königin zur Eiablage und zum Einlagern von frischen Nektar. Die begattete Königin ist der Lohn für die Zuchtarbeit. Ihre Erbanlagen entscheiden über die Qualität des Volkes.

Ankippen als Schwarmkontrolle

Seit ich in der Zucht konsequent auf Schwarmträgheit auslese, verzichte ich auf regelmäßige Schwarmkontrollen bei den Völkern. Es werden lediglich stichprobenweise einige besonders früh entwickelte Völker angeschaut. Wenn diese keine Triebigkeit zeigen, brauchen die übrigen gar nicht kontrolliert zu werden.
Zeigt sich aber in einem Jahr durch eine besondere Wetter- bzw. Trachtsituation erhöhte Schwarmgefahr, so können mit der Kippkontrolle bei einigermaßen erträglichem Arbeitsaufwand schwarmtriebige Völker rasch erkannt werden. Die Honigräume werden abgehoben und zuerst das dritte, danach das zweite Brutmagazin angekippt und auf Schwarmzellen bzw. bestiftete Weiselnäpfchen untersucht. Dazu werden zuerst die Bienen mit etwas Rauch nach oben getrieben. Die Zellen befinden sich in der Regel immer am unteren Rand der Wabe. Der schmale Unterträger der Rähmehen erleichtert die Kontrolle, so kann weit in die Wabengassen hineingesehen werden. Unbestiftete "Spielnäpfchen" haben dabei keine Bedeutung. Erst wenn Eier bzw. mit Futtersaft angespritzte Jungmaden in der bereits etwas verlängerten Zelle glänzen, ist der Schwarmtrieb ausgebrochen. Jetzt müssen vom Imker Maßnahmen getroffen werden, um das Schwärmen zu verhindern.
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Man möchte gar nicht daran denken, aber extreme Wetterrückschläge sind auch im Mai (“Eisheilige”) und Juni (“Schafskälte”) möglich. Der damit verbundene Brutstopp bringt gerne Schwarmtrieb mit sich. Die ersten schönen Tage sollten für eine “Blitzkontrolle” genutzt werden.

Schwarmverhinderung - Zwischenablegerverfahren

Sind nur einige wenige Näpfchen bestiftet und die Ursache des entstandenen Schwarmtriebs liegt am Platz man gel, so genügt es, das Volk zu erweitern und leicht zu schröpfen. Wenn aber mehrere offene oder bereits schon verdeckelte Weiselzellen vorhanden sind, kann nur ein gröberer Eingriff den Schwarmtrieb zum Erlöschen bringen. Meines Erachtens ist das klassische Zwischenablegerverfahren die beste und sicherste Methode, deshalb möchte ich es kurz schildern.
Das Verfahren funktioniert nur bei gutem Flugwetter. Für den Zwischenableger (Flugling) wird ein neues Magazin auf den Boden gesetzt und je nach Trachtsituation mit Mittelwänden oder Leerwaben bestückt. Dazu kommt eine Brutwabe mit den ansitzenden Bienen, die junge offene Brut enthält. Als Futterreserve sollte mindestens eine Honigwabe dabei sein. Dann wird ein Zwischenboden mit kleinerem Flugloch aufgesetzt und die bisherigen Magazine kommen in der alten Reihenfolge darauf. Beim Zurücksetzen der Magazine auf den Zwischenboden werden alle Brutwaben gezogen und die vorhandenen Schwarmzellen zerstört. Jetzt verliert das Muttervolk alle seine Flugbienen an den Zwischenableger und damit auch den Schwarmtrieb. Im weisellosen Flugling werden auf der Brutwabe Nachschaffungszellen gezogen. Nach acht bis zehn Tagen werden die Nachschaffungszellen ausgebrochen und der Flugling wieder mit dem Muttervolk vereinigt. Der Schwarmtrieb ist abgeklungen und das Volk kann in voller Stärke in die Waldtracht gehen.
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Varianten
Sehr starke Völker brauchen zwei Flachzargen für den Flugling. Bei stark fortgeschrittenem Schwarmtrieb (viele bereits gedeckelte Zellen) gebe ich die Königin in das Flugling-Magazin, wenn sie mir bei der Kontrolle "über den Weg läuft". Dieser Zustand kommt dem Naturschwarm am nächsten. Beim Rückvereinigen müssen dann beim Muttervolk die Nachschaffungszellen entfernt werden.
Auch ein Königinnenaustausch ist möglich, wenn nach Entfernung der Schwarmzellen eine Edelzelle aus der Zucht zugesetzt wird. Sobald die Jungkönigin in ihrem Volksteil ein Brutnest angelegt hat (nach ca. drei bis vier Wochen) erfolgt die Wiedervereinigung.

Schwarmzeit ist Zuchtzeit

Die natürliche Vermehrungszeit ist die beste Zeit zum Züchten von Königinnen. Dies braucht aber nicht jeder Imker selbst zu machen. Gerade für den kleineren Imker ist es meist einfacher und rentabler, seine Königinnen bei einem verlässlichen Züchter zu besorgen. Als leidenschaftlicher Züchter sollte ich hier wohl meine Zuchtmethoden beschreiben. Dies erscheint mir aber im Rahmen der Monatsbetrachtungen zu umfangreich. Dem "Neuzüchter" möchte ich empfehlen, einen Zuchtkurs zu besuchen und einem erfahrenen Züchter "über die Schulter zu schauen".
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Durch Umlarvtermine wird der Zuchtfortschritt einer großen Anzahl von Imker nutzbar gemacht. Die Imkerin Julia Stecher hat schon tausende Larven in die Zuchtrahmen der Züchter gelarvt.

Die Erhaltung der Carnica liegt mir besonders am Herzen. Darum möchte ich ein paar Gedanken zum Thema Reinzucht anführen:
Durch die Reinzucht wurde die Carnica, ihre Züchter und Zuchtlinien weltweit bekannt. Österreich ist wohl ein Musterbeispiel, wie bei Erhaltung einer natürlichen Rasse große Zuchtfortschritte erzielt werden können, denn die Carnica hat sich in den letzten Jahrzehnten in allen Bereichen (Honigleistung, Sanftmut, Entwicklungsfreudigkeit, Schwarmträgheit) gesteigert. Der Schlüssel zum Erfolg sind Belegstellen und Reinzuchtgebiete.
Die Belegstellen benötigen wir zur Erzielung des Zuchtfortschritts durch gezielte Anpaarung der Königinnen mit ausgesuchten Drohnen. Hier haben wir durch die abgeschiedenen Gebirgstäler beste Voraussetzungen. Aber auch Reinzuchtgebiete sind als genetisches Reservoir zur Erhaltung eines großen "Genpools" notwendig.
Bei uns im äußersten Westen haben wir keine Reinzuchtgebiete. Hier war die Carnica ursprünglich nicht beheimatet und es ist verständlich, dass auch andere Bienenrassen gehalten werden dürfen. Es tut mir aber im "Züchterherzen" weh, wenn ich sehe, dass in Carnica-Ursprungsgebieten einige wenige Imker mit anderen Bienenrassen das Reinzuchtgebiet zerstören.
Manchmal vertreten Imker die Meinung, Reinzucht sei ohne Nutzen. Sie besorgen sich guten Zuchtstoff oder eine Zuchtmutter vom Züchter und lassen die Königinnen am Stand begatten, was gute Wirtschaftsvölker bringt. Gerade ihnen sollte bewusst sein, dass sie von der Zuchtarbeit der Reinzüchter enorm profitieren. Denn so können sie ohne großen Aufwand das gute Erbgut der leistungsgeprüften Zuchtmütter nutzen. Die heute teilweise wiederentdeckte Wahlzucht (Standbegattung bei nur mütterlicher Auslese), auch "Basiszucht" genannt, macht meines Erachtens nur dort Sinn, wo auch wirklich eine gute "Basis" vorhanden ist, nämlich eine von der Natur über Jahrhunderte ausgelesene einheitliche Biene.
Weil ich an der Verbesserung der Carnica-Biene und an der Zucht auf Varroatoleranz mitarbeiten möchte, habe ich mich dem Zuchtverband ZAC angeschlossen. Jedem Züchter, der bereit ist, genaue Aufzeichnungen zu führen, kann ich dies nur empfehlen. Ich habe aus der Leistungsprüfung vieles für mein eigenes Imkern und Züchten gelernt. Ich denke, nur durch gemeinsames Bemühen können wir die großen Herausforderungen, die in der Zucht anstehen, bewältigen.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viel Erfolg in der Zucht und eine ruhige Schwarmzeit!

Vorschau auf Juni:
· Honigernte und Vermarktung
· Jungvolkbildung
· Waldtracht
 
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