Info-Block Jänner von WL Gerhard Mohr

Astacus

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16 Okt. 2007
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Ort
Südstadt
Imker seit
2004
Heimstand
Güssing
Rähmchenmaß/Wabengröße
EHM, Zanderflach
Eigene Kö Zucht ja/nein
Ja
Info-Block Jänner
Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene
WL Gerhard Mohr, A 6952 Hittisau, Bolgenach 248
Tel:0699/10855137 E-Mail: gerhard.mohr@vol.at


Liebe Imker/Innen!
Es freut mich, dass mir im www.bienenforum.com die Möglichkeit gegeben hat, für ein Jahr die Monatsanweisungen zu gestalten und ich möchte mich beim für diesen Vertrauensvorschuss recht herzlich bedanken.
Ich hoffe es ist für Sie eine Abwechslung, einmal aus dem westlichsten Bundesland Österreichs Tipps und Informationen über die Imkerei zu bekommen.
Bevor ich jedoch mit den eigentlichen Monatsanweisungen beginne, möchte ich meine Imkerei kurz vorstellen und meine imkerliche Entwicklung zur Betriebsweise mit dem Flachzargensystem beschreiben.

bildgerhardmohrkleintt9.jpg

Steckbrief:
Gerhard Mohr, geb. 01.08.1965
Verheiratet, 3 Kinder, Beruf: Hauptschullehrer
Betreuung von ca. 40 Bienenvölkern und dem Lehrbienenstand des Imkerverbandes.
Funktionen: Gesundheitswart im örtlichen Verein, Wanderlehrer, Kurse für Neuimker, Landeszuchtwart.

Die Imkerei

Ich imkere in Holzbeuten im Langstroth-Flachzargen-System. Die Bienenvölker stehen auf mehrere Stände verteilt in Hittisau im vorderen Bregenzerwald auf einer Seehöhe von 800 m. Aufgrund der intensiven Landwirtschaft, des wechselhaften Klimas und der hohen Niederschläge (ca. 2000 mm pro Jahr) ist die Tracht meist bescheiden, eine Ausnahme sind gute Tannentrachtjahre. Die Fichtentracht (Lecanie) spielt in meiner Gegend kaum eine Rolle. Um regelmäßig Frühjahrsblütenhonig von Löwenzahn und Ahorn zu ernten, verbringe ich einen Teil der Völker ins Rheintal (450m Seehöhe) und wandere sie danach in etwa 1000 m Seehöhe.
Seit über 15 Jahren imkere ich mit eigenem Wachskreislauf und verwende nur organische Säuren (Ameisensäure, Oxalsäure) zur Varroabekämpfung, um Rückstände in den Bienenprodukten zu vermeiden.

winterstand8kleindx2.jpg

Text: Winterstand in Hittisau. Meine Völker stehen meist in Sechserblocks auf Balken. Abgedeckt werden sie mit Wellblech oder Bitumenplatten.

Rückblick

Meine ersten imkerlichen Erfahrungen hatte ich im Alter von ca. 12 Jahren am Bienenstand meines Großvaters, der Landwirt war.
Er hielt seine Bienenvölker in einem kleinen Bienenhaus im damals bei uns üblichen Schweizermaß (Bürki–Egger-Hochwabe).
Die Völkerpflege war sehr extensiv. Zuckerfütterung war verpönt (höchstens 5 kg Winterfutter), Jungvolkbildung erfolgte nur über Schwärme. Die Bienenvölker waren schwach, krankheitsanfällig, stechlustig und schwarmtriebig.
Dies lag teilweise an der mangelnden Pflege, aber vor allem auch am damals bei uns entstandenen unselektierten Bienengemisch aus der ursprünglich heimischen dunklen Biene und der eingeführten Carnica.
Durch Lesen von Büchern, Kontakt mit erfahrenen Imkern im Bienenzuchtverein und den Besuch von Kursen lernte ich bald den richtigen Umgang mit Bienen. Ich merkte auch, dass manche „althergebrachte“ Meinungen schon längst ihre Gültigkeit verloren hatten. Carnica-Reinzuchtköniginnen und eine bessere Völkerpflege mit ausreichend Winterfutter und Wabenerneuerung bescherten mir erstmals starke Völker und Honig!
Nun kam zum Interesse an den Bienen auch das Selbstvertrauen des Erfolgs dazu und ich wusste, dass mich die Bienen nicht mehr so schnell loslassen würden. Auch die um 1985 eintreffende Varroamilbe konnte mich da nicht umstimmen.
Nach einer dreijährigen Auszeit (Bundesheer, Lehrerausbildung) wollte ich mit einer modernen Beute weiter imkern.


Entwicklung von der Hochwabe zur Breitwabe

Durch Anregung eines Imkerkollegen stieg ich von der Schweizer Hochwabe (Hinterbehandler) auf die Langstroth-Breitwabe im Magazin um.
Meine Meinung war damals: „Die Hochwabe, wie sie im hohlen Baum vorgegeben ist, ist für die Bienen als Nistplatz optimal“. Trotzdem wusste ich, dass sich Völker auch in liegenden hohlen Bäumen oder Tonröhren entwickeln konnten. Bald lernte ich den Vorteil der Breitwabe mit ihrer Schichtenbeweglichkeit und Verwendung als Hochwabe (wenn mehrere Breitwaben übereinander stehen) kennen.

mehrereflachwabenkleindz4.jpg

Text: Mehrere Breitwaben übereinander bieten dem Bienenvolk und dem Brutnest die Möglichkeit, sich in alle 3 Richtungen (Länge, Breite und Höhe) auszudehnen. Damit die Ausdehnung in die Höhe nicht behindert wird, sollte der bienengerechte Abstand von 8 mm zwischen den Rähmchenträgern auf keinen Fall überschritten werden.


Das Langstroth-Maß (44,8 cm 23,2 cm) bereitete mir jedoch ein Problem: Zwei Langstroth-Zargen mit je 10 Rähmchen waren für das Brutnest und als Überwinterungsraum zu groß, während eine Langstroth-Zarge oft zu klein war.
Daher versuchte ich mein Glück im Mischbetrieb mit der Flachwabe (15,9 cm Höhe) als Ergänzung zur Langstroth-Wabe (23,2 cm Höhe). Die räumliche Anpassung der Beute an die Volksstärke war jetzt besser möglich, aber die Schichtenbeweglichkeit ging verloren und die Wabenerneuerung wurde dadurch viel schwieriger.
Bald hielt ich einige Völker im reinen Flachzargenbetrieb und machte parallel dazu Versuche mit dem modifizierten Dadant-Maß (28,5 cm hoch), das ebenfalls Langstroth-Länge hat und mit Flachzargen im Honigraum geführt wird.
Nach drei Jahren gab ich Dadant auf. Die Ablagerung von großen Mengen Waldhonig im Brutraum bei einer späten Tannentracht und die schwierigere Bauerneuerung bewogen mich dazu. Seitdem imkere ich nur mehr mit Langstroth–Flachzargen.
Auf einige Vorteile der großen Flexibilität dieser Betriebsweise möchte ich während der Monatsanweisungen zu sprechen kommen. Vor allem die gute Raumanpassung, die Schichtenbeweglichkeit, das geringere Gewicht von Wabe und Zarge und die einfache Bauerneuerung habe ich sehr zu schätzen gelernt. Der einzige mir bekannte Nachteil besteht darin, dass gegenüber der herkömmlichen Betriebsweise 1/3 mehr Rähmchen benötigt werden.

brutflachzargenkleintd9.jpg

Text Bild Brut Flachwaben: Brutnest zur Weidenblüte bei Flachzargen. Die Brut hat im unteren Magazin begonnen und dehnt sich in den oberen Raum aus. Die von den Bienen vorbereiteten Leerzellen sind schon bestiftet.

Vergleich der Rähmchenmaße

Breite der Rähmchen 44,8cm
Langstroth flach: 20 Waben Beutenvolumen innen 59 l, Wabenfläche 2,4m²
rhmchenkx3.jpg

Dadant (modifiziert): 12 Waben Beutenvolumen innen 59 l, Wabenfläche 2,6m²
rhmchen2ck9.jpg


Wenn eine Königin täglich 2500 Eier legt so wächst das Brutnest auf bis zu 50 000 Zellen an. Zwei Langstroth–Flachzargen oder eine Dadantzarge mit 12 Waben haben die optimale Größe für ein Brutnest mit bis zu 50 000 Brutzellen, entsprechendem Pollenkranz und einem Bereich mit Leerzellen als Pufferzone.
Sie bieten im Winter Raum für 25 kg Winterfutter und die Bienentraube. Daher reichen sie auch für starke Völker vollkommen als Überwinterungsraum bzw. Brutraum aus.


Nun zu den eigentlichen Monatsanweisungen:

Im Jänner hat der Imker bei seinen Bienen nicht viel Arbeit. Die Restentmilbung wurde bei Brutfreiheit schon im November/Dezember gemacht und unsere Völker sitzen ruhig auf der Wintertraube. Außer einer gelegentlichen Standkontrolle (z.B. nach einem Sturm), bei der ich die Abdeckungen kontrolliere und einige Fluglöcher abhöre, lasse ich mich am Bienenstand nicht blicken.
Dafür nehme ich mir Zeit für die Reparatur, Erneuerung und Ergänzung der Gerätschaften. Die Altwaben wurden schon im Dezember eingeschmolzen. Die Rähmchen müssen aber noch gereinigt werden, ebenso die Zuchtkästchen, Zargen, Böden,etc… Für die Rähmchen und Zuchtkästchen verwende ich eine alte Industrie-Geschirrspülmaschine und etwas Sodalauge. Zargen, Böden und Deckel werden mit dem Stockmeißel ausgekratzt und abgeflammt.
Im Jänner bleibt auch Zeit einen Kurs zu besuchen, ein neues Bienenbuch zu lesen, das neue Zuchtjahr zu planen, die Finanzen zu ordnen und Neuanschaffungen zu planen.


Wie verbringen denn unsere Bienen den Winter?

wintertraube1kleiniv1.jpg

Text: Wintertraube auf zwei Flachzargen bei etwa 0° C. Die Traube sitzt vorne beim Flugloch. Die Rähmchenleisten bilden zwar eine leichte „Kältebrücke“, dafür ist ein Wabenwechsel leichter möglich.


Es ist mehr als erstaunlich, wie es die Natur eingerichtet hat, dass ein Bienenvolk selbst strengste Kälteperioden bis -30° Celsius unbeschadet überstehen kann.
Sobald sich Kälte einstellt, sammeln sie sich zu einer kugelförmigen „Wintertraube“
Während die äußeren Bienen eine Isolierschicht von etwa 5 cm Stärke bilden, heizen die inneren. Dieses Aufheizen geschieht durch Muskelzittern der Flugmuskulatur. Als „Heizmaterial“ dient das in den Waben gespeicherte Winterfutter. Je kälter es ist, desto enger wird die Isolierschicht gepackt. Die äußeren Mantelbienen schlüpfen so eng aneinander, dass sich ihre Härchen ineinander verkeilen und so optimale Isolierkammern bilden. Dabei können sie mehr als einen Monat ohne Futteraufnahme auskommen. Die Temperatur der Wintertraube beträgt im Zentrum 20°-30° Celsius, während sie im Randbereich auf 5°-10° absinken kann.
Das Heizen der Traube erfolgt nicht immer gleichmäßig. Es gibt sogenannte Heizsprünge, wo die Temperatur stark ansteigt. Nach solchen Heizsprüngen ist es warm genug, dass Kern- und Mantelbienen wechseln oder sogar Waben überstiegen werden können, wenn es notwendig ist. Je größer die Wintertraube ist, desto geringer ist die Belastung für die einzelne Biene.
Immer wieder hört man von Imkern, dass ein Warmhalten der Beuten im Winter unbedingt notwendig ist. Ich möchte hier einige Gründe anführen, die es verständlich machen, warum unsere Völker in nicht isolierten Beuten in Freiaufstellung bestens überwintern:
 Die Bienen heizen nur die Wintertraube, nicht die ganze Beute. Dabei kann es wenige Zentimeter neben der Traube bereits Minusgrade haben. Eine Isolierung der Zarge ist daher kaum wirksam, am ehesten nützt eine Wärmedämmung des Deckels.
 Trockene, luftgefüllte Waben haben einen hohen Isolationseffekt (Wärmeleitzahl 0,05). Sie isolieren 3 mal besser als Holz.
 Die Verhinderung von Stocknässe ist weit wichtiger, denn feuchte Waben verlieren ihren Isolationseffekt. Daher sollte Feuchtigkeit abziehen können (breit offenes Flugloch, evtl. halboffener Boden).
 Die Wärmestrahlung durch die Wintersonne bei Aufstellung in Südrichtung kommt in unisolierten Beuten besser zur Wirkung.

winterstand1kleindk8.jpg

Text: Wenn die Völker im Winter mit der Fluglochrichtung nach Süden aufgestellt sind, sitzen sie immer vorne beim Flugloch. Dabei spüren sie die Wärme der Sonne und die Kälte am besten. Die Bienen wollen das Wetter fühlen und suchen dieses „Reizklima“.


Aus diesen Gründen halte ich mich bei der Überwinterung an den von Dr. Liebig folgendermaßen formulierten Grundsatz: Das Bienenvolk sollte mit „einem warmen Kopf“ (Deckelisolierung) und „kalten Füßen“ (halboffener Boden) überwintern.

Dies war mein Info-Block zum Monat Jänner. Im Februar möchte ich Ihnen etwas über die Herstellung und den Kauf von Beuten, Rähmchen und Zubehör berichten sowie über die Möglichkeiten, wie man auch im Winter vieles über den Zustand der Bienenvölker erfahren kann, ohne sie zu stören, nämlich über die Stockwindel.
 
Monatsanweisung - Gerhard Mohr

Den Sinn dieser Veranstaltung kann ich nicht so richtig nachempfinden!
Was sollen wir mit einer Monatsanweisung ein halbes Jahr später?
Dann kann ich auch ein altes Bienenbuch von z.B. 1818 hernemen, da ist auch alles zu spät!
 
Hallo,

also ich sehe den Sinn schon, denn ich gucke mir das sicher nächstes Jahr im Dezember/ Jänner nochmals an,....

Ich finde die Idee Klasse, den so kommen noch mehr Info von erfahrenen Quellen an unsere Imker !

Ausserdem werden sicher die anderen Monatsanweisungen auch noch kommen - aber da wird sich unsere Drohne sicher noch melden !
 
@ Imme

Wie Sybill bereits hinweis, kommen natürlich auch sämtliche andere Monatsbeiträge dieses sehr berühmten Wanderlehrers IM Mohr in unser Forum.

Die Beiträge für den Monat Feber und März erscheinen bereits in den nächsten Tagen, der April Beitrag wird dann ebenfalls unverzüglich folgen. Die Beiträge ab Mai erscheinen dann etwas Zeitverzögert nach dem erscheinen von Bienen aktuell.

Ursprünglich war geplant, dass unser Bienen-Much seine Beiträge zur Verfügung stellt, dies ist aber leider infolge Zeitgründen dieses sehr stark beschäftigten Mannes nicht möglich. Deshalb wurde eben IM Mohr um seine Veröffentlichung gebeten.

Diese Idee möchte ich natürlich weiterverfolgen und auch Monatsberater aus der Schweiz und der BRD ersuchen bei uns zu schreiben.

Aber gackern wir noch nicht über ungelegte Eier, sondern lass Dich bitte überraschen, ich habe noch so manches mit diesem Forum vor. ;-)

LG Josef
 
Hallo Gerhard Mohr
ich habe mal eine Frage zu deinen Langstroth Rähmchen 2/3, denn bei deinen Rähmchen ist der Oberträger scheinbar keine 19mm sondern nur 10mm stark? Biegt sich das Rähmchen nicht durch?
Deine Berichte finde ich sehr informativ.

Gruß Jörg
 
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