Servus Michael,
Mindelsee schrieb:
Einbetteln, dass dies Bienen aufgelöster Völker tun ist sehr wohl bekannt
Das ist für mich einer der interessantesten Punkte der Thematik. Ich habe bislang an der These Gefallen gefunden, dass das vermilbte Volk von sich aus sich nicht auflöst, d.h. künstlich aufgelöste Völker betteln sich ein, aber gibt es so etwas wie natürliche Auflösung des Volksverbandes bei der Biene?
Albert hat auf den "Varroaschwarm" hingewiesen. Ein Schwarm ist aber etwas anderes, als ein Auflösen des Volkes, denn im Schwarm bleibt das Volk ja bestehen.
Ob sich ein Volk unter Varroadruck auflösen kann, wissen wir also bislang noch nicht - evolutionsbiologisch fiele mir auch nicht der Vorteil gegenüber dem Varroaschwarm ein.
Mindelsee schrieb:
- Starke Völker rauben keine schwachen, die brauchen das nämlich nicht mehr. Räuberei findet unter nicht-optimalen Völkern statt.
Das würde zu einer separaten Diskussion - aber ich denke wir können uns darauf einigen, dass ein varroageschwächtes Volk ein guter Kandidat für Räuberei ist?
Mindelsee schrieb:
- Woher stammt die 3000 und wie entsteht sie?
Die stammen aus einem Versuch, wo Monitorvölker in verschiedenen Abständen zum eigentlichen Bienenstand aufgestellt wurden. Durch Dauerbehandlung mit Akariziden landete der jeweilige Invasionseintrag direkt in der Stockwindel und konnte so gezählt werden. Von Juni bis Oktober kamen so in nächster Nähe zum Bienenstand bis zu 3000 Varroen zusammen.
Mindelsee schrieb:
- Wenn denn 2) stimmt müssten Völker in moderner Aufstellung (Kleingruppen, Blöcke, ...) viel weniger Milben haben. Kann ich nicht bestätigen
Die Idee war, dass bei Verflugvermeidender Aufstellung die Reinvasionsquelle durch Verflug minimiert werden kann. Dieser Effekt wäre aber nicht sichtbar, wenn das Varroa-Niveau am gesamten Stand ungefähr gleich wäre. Wenn man das experimentell überprüft und feststellt, dass selbst bei unterschiedlichem Varroa-Niveau die Aufstellungsart keinen Einfluss auf die Reinvasion hat, wüssten wir, dass Verflug für die Reinvasion keine Rolle spielt.
Mindelsee schrieb:
- die Effizienz von zeitgleichen Behandlungen ist es ja gerade was ich in Frage stelle. Ich hatte immer wieder Stände mit vielen Völkern die alle gleich behandelt wurden und trotzdem völlig unterschiedliche Milbenzahlen hatten. Heute ist mir das ganz klar - sie mussten es denn sie hatten unterschiedliche Brutverhalten, unterschiedliche Pollenreserven.
Dein Argument leuchtet mir für Behandlungsverfahren ein, die die Brut nicht einschliessen. Diese sind in brütenden Völkern aber ohnehin fehl am Platz. Wenn wir die Dynamik der Varroapopulation nicht nur auf Volks-Ebene, sondern eine Ebene weiter auf Bienenstandebene betrachten, ist ja nicht von der Hand zu weisen, dass jedes Einzelvolk davon profitiert, wenn von den Nachbarn kein Invasionsdruck droht. Dasselbe trifft auch auf einer Ebene weiter oben - zwischen verschiedenen Bienenständen im Flugradius - zu.
Du führst ins Treffen, dass Du trotz gleichgeschalteter Behandlung unterschiedliche Ergebnisse zwischen den einzelnen Völkern hattest. Das kann aber einfach ein Ausdruck natürlicher Variation sein und besagt noch lange nicht, dass ein auf Volkebene individuell gewählter Behandlungstermin ein ausgeglicheneres Ergebnis gebracht hätte. Ich bin dem experimentellen Nachweis freilich aufgeschlossen, aber so gut wie alle Parasitenbekämpfungsprogramme setzen auf die gleichzeitige Behandlung der gesamten Gruppe - eben um keine Reinfektionsquellen bestehen zu lassen.
Überaus einleuchtend finde ich den Hinweis, dass nicht nur die Voksstärke innerhalb eines Standes homogen sein sollte, sondern auch einheitliche Genetik bzw. Betriebsweise positive Effekte nach sich zieht (leider handhabe ich das momentan total verkehrt und bin stolz darauf, "aus jedem Dorf einen Hund" an meinen Ständen zu haben).
Mindelsee schrieb:
Ich bin der Meinung dass wir uns da in viel zu festgefahrenen Bahnen bewegen. Akzeptieren wir dass der Nachbarimker auch "erfolgreich" ist - auch wenn er 50 oder 90% Verlust hat, er hat mit Erfolg Spaß am Hobby oder Rendite im Erwerb bewahrt.
Damit habe ich im Prinzip auch kein Problem - soll jeder nach seiner Facon glücklich werden (den Tierschutzgedanken spare ich einmal aus, denn anders als der Milchkuh und dem Mastschwein steht es der Biene jederzeit frei, sich der "Obhut" des Imkers zu entziehen). Nur endet die Freiheit des Nachbarn dort, wo er mir dieselbe Freiheit einschränkt und meinen Erfolg und Spaß sabotiert, oder?
lg,
Sebastian