Wie richtig Kerzengießen?

Josef Fleischhacker

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In Anlehnung an Bienen-Muchs Thread

Zitat der Bienen-Much

Die Zeit ist gekommen, wir gießen wieder Bienenwachskerzen

möchte ich unsere Profis fragen, wie Ihr eigentlich das "Kerzen selber machen" angeht? Mit dieser Frage meinen ich, welches Wachs, Wasser und Kessel wird verwendet.

Ich erinnere mich noch mit Schaudern an meine Anfängerjahre als Kerzenzieher zurück, obwohl diese wirklich schön gelungen sind, waren sie für den Verkauf jedoch vollkommen unbrauchbar. Warum: in meiner Anfangseuphorie nahm ich Wachs welches direkt aus dem Sonnenwachschmelzer kam. Die Folge war ein Desaster sondergleichen, manche Kunden reklamierten in wahrsten Sinne des Wortes mein Produkt als Wunderkerzen, weil sie so ähnlich "spritzen". Was war nun passiert? Ungereinigtes Wachs enthält sehr viel Blüttenpollen und Schwebstoffe, wenn die Kerzen nun angezündet wurden, verbrannten diese Unreinheiten gewissermaßen mit einem kleinen Knall, in der Folge spritzen Wachströpfen bis zu einer Entfernung von 25 cm davon. Stimmt schon, kein Meister viel bisher vom Himmel.

Also meine lieben Freunde, wenn Eure Kerzengießerei nicht als Betriebsgeheimnis gilt, dürfte ich bitte wissen welche Methoden Ihr anwendet um zu schönen und verkaufsfähigen Kerzen zu kommen ?

LG Josef
 
Hallo,

bei mir kommen 2 Methoden zum Kerzenmachen in Frage:

1) Ich gieße die meisten Kerzen ( meist kompakte Formen wie Tannenbäume, Stumpenkerzen, etc.)
2) Wir drehen zusätzlich Kerzen ( Christbaumkerzerln, Kerzen mit typischen Wachsmuster, etc.)

Kerzenziehen oder -tauchen ist aufgrund meiner Möglichkeiten leider ( noch) nicht machbar - obwohl mir diese Kerzen persönlich sehr gut gefallen.

Wie gieße ich meine Kerzen:
Ich bereite mir meist für diese Arbeit schon Tage im voraus alles Notwendige her. Der Arbeitsplatz wird mit Packpapier komplett ausgelegt ( Wachs von den Fliesen abzukratzen ist eine unglaublich nervige Sache ). Danach stelle ich mir einen Arbeitstisch möglichst zentral auf, damit ich von allen Seiten arbeiten kann ( Ist zB. für die Teelichter sehr praktisch, da man rund um den Tisch gießen kann). Auf die Arbeitsplatte lege ich ein Plastik, Wachs das danebenrinnt kann damit sehr gut wieder eingesammelt und wieder eingeschmolzen werden.
Das Wachs wird mindestens 1 Tag vorher erwärmt, damit bei Arbeitsbeginn am nächsten Tag alles bereit ist und alle ( wenn auch nur mehr wenige ) Verunreinigungen sicher abgesunken sind.
Die Dochte werden in den Silikon-Formen mittels Klammern und Gummibänder befestigt und schon kann das Wachs eingegossen werden.

Hier vielleicht noch ein Tipp: Mein Mann hat mir mal eine sehr schöne Form aus Hartplastik aus einem Imkeibedarfsgeschäft mitgenommen. Die Form ist zweifellos sehr schön, aber die Kerze ist so gut wie nicht zu gießen. 1. Braucht man für die Form extrem lange bis die Dichtungen eingelegt sind, dann dauert es 2. sehr lange bis das Wachs auskühlt und 3. trennt sich das Wachs sehr schlecht von dem Hartplastik, sodass die Kerze fast immer zu Bruch geht ! Ich kann von Hartplastik-Formen echt nur abraten.

Nachdem meine Kerzen ein wenig abgekühlt haben, wird die Kerze vorsichtig aus der Form genommen und anschließend am Boden ein wenig eben geschnitten. Dann stutze ich den Docht auf die richtige Länge und tunke ihn nochmals ein wenig in das flüssige Wachs, damit er von Anfang an gut brennt. Und dann geht es eigentlich wieder von vorne los....

Gerade Anfänger sollten bei Ihrem Start auf einige Dinge achten:
o) Das Wachs soll unbedingt die richtige Temperatur haben ( Ich erkenne das immer an einem schmalen, nicht mehr flüssigen Rand).
o) Das Wachs darf nicht zu heiß sein, da es sich sonst im Topf in Bewegung befindet und Verschmutzungen aufgrund der Bewegung in die Kerze gelangen kann.
o) Die Dochtstärke ist richtig zu wählen. Am besten bei einer neuen Form ruhig eine Kerze anzünden und kontrollieren. Es soll gerade, ruhig aber auch nicht zu schnell abbrennen. Der Docht soll so gewählt sein, das die Kerze ohne Rückstände ( Dicker Rand) abbrennt, ohne ständig überzulaufen.
o) Den Docht unbedingt in die richtige Richtung eingießen. Echter Bienenwachsdocht brennt nur in eine Richtung - man kennzeichnet dies meistens mit einem Knopf am unteren Ende.

Mit obigen Methoden habe ich vor 2 Wochen eine Menge Kerzen gegossen - die ersten habe ich schon im Verkauf und wurden schon vielen Kunden bewundert ! So macht das Arbeiten Spaß ! :lol:

Mich würde interessieren, macht Ihr auch Eure eigenen Kerzen, wenn ja welche und mit welcher Methode ?
 
Ich habe nach obiger Anleitung nun ein paar Kerzen gegossen, bis auf ein paar Anfängerfehler klappte es hervorragend!

Nun sagte mir ein Imker die Kerzen müssten unbedingt mit farblosem Wachs-Glanzlack oder Kerzenlack gestrichen werden, denn die Kerzen würden sonst mit der Zeit bei langer Lagerung grau werden, stimmt das?
 
...das die Kerzen grau werden kann schon passieren, jedoch musst du sie nicht unbedingt mit Lack überziehen sondern falls sie grau/bessser stumpf aussehen kurz föhnen und sie erhalten ihren alten Glanz wieder.

Grüße

Stippi
 
... und kurz föhnen und sie erhalten ihren alten Glanz wieder.
Richtig Stippe und auch kurz in die Sonne legen geht wunderbar! Übrigens, wir lackieren niemals Kerzen!

Josef
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Es ist nahezu ein Nullgeschäft

da wie Du selber schon geschrieben hast nur speziell gereinigtes Wachs für Kerzen verwendet weden kann, will man die Kundschaft nicht gleich wieder verlieren, die man gerade mühsam angeworben hat. Also muss gereinigtes Wachs gekauft werden, Eigenwachs selber zu reinigen lohnt sich aufgrund des technischen Aufwandes kaum. Und dann gekauftes Wachs selber in Form zu bringen ist ein riesen Aufwand, der sich finanziell nicht lohnt.
Auch wenn es kontraproduktiv für kleine Imker ist, sich gegen die eigene Kerzenproduktion auszusprechen, bin ich ein Vertreter des Vertriebs von Kommissionsware und fahre damit am günstigsten (grösster Gewinn bei kleinstem eigenen Aufwand)

Eigenwachs geht entweder in die Produktion von Zwischenwänden oder wird verkauft (aus drei Kilo Eigenwachs macht ein "Umarbeiter" zwei Kilo kostenlose Mittelwände, ein Kilo sind sein Lohn)
 
Wenn die Kundschaft die Kerzen monatelang rumliegen läßt werden diese wohl auch stumpf oder grau. Dann sagt man das der Kundschaft, sie soll die Kerze in die Sonne legen oder kurz föhnen?

Die Wachsblöcke, die bei mir über ein Jahr rumlagen, sind alle leicht grau geworden.
 
Wenn die Kundschaft die Kerzen monatelang rumliegen läßt werden diese wohl auch stumpf oder grau. Dann sagt man das der Kundschaft, sie soll die Kerze in die Sonne legen oder kurz föhnen?


Wir weisen immer darauf hin, die Kunde soll doch erfahren welches Produkt sie eben erwarb und das dies kein parfümiertes Parafin ist.

Josef
 
Danke für die Antworten, das hilft mir schon sehr viel weiter!

Nun würde mich noch interessieren, was spricht gegen den Klarlack?

Setzt er beim Verbrennen schädliche Stoffe frei? Oder riecht er dabei unangenehm? Oder beides?
 
Hallo,

grundsätzlich spricht gar nichts gegen das Lackieren. Aber es geht sehr viel Geruch verloren, und gerade die Kerzen sind die Hauptursache, warum Kunden meinen, dass es bei einem Imker soooo gut riecht.

Ich lackiere niemals, ich mag es lieber natürlich ;)

Verena
 
Vielen Dank Sybill, ich bin froh mir diese Arbeit ersparen zu können, es ist so schon genug Arbeit :)

Ich habe noch eine Frage:

Gehört ein Loch unten in die Kerze für einen Kerzenhalter?
Wenn ja, wie macht man dieses und wie entfernt man dabei den Docht?
 
Die meiste Arbeit beim Kerzen gießen ist die Wachsreinigung musste ich feststellen! Je reiner das Wachs desto farblich heller die Kerzen.

Eine Heidenarbeit ist es die großen Wachsblöcke in kleine Stücke zu schlagen um diese wieder einzuschmelzen, je kleiner die Wachsstücke desto schneller der Schmelzvorgang oder schmelzt ihr den großen Wachsblock?

Wenn nicht, wie zerkleinert ihr die großen Wachsblöcke? Ich nehme zwecks nicht besserem Wissen Hammer und Stemmeisen, schlage ich zu fest zu, fliegen die Wachsstücke meilenweit herum, schlage ich softig, dauert es eine Ewigkeit bis so ein Stück abbricht :)
 
Hallo,

meine Kerzen haben unten kein Loch - und es hat sich noch kein Kunde beschwert - und ich verkaufe eine Menge Wachskerzen. Ich denke, dass sich hier die Kunden gut selber helfen können.
 
Hallo Fix
Du kannst es ja einmal mit einem Bohrer versuchen.
mfg Walter
 
Wenn nicht, wie zerkleinert ihr die großen Wachsblöcke? Ich nehme zwecks nicht besserem Wissen Hammer und Stemmeisen,


Der ganze Block kommt in einen großen Karton, mit einer Hacke werden nun diese Blöcke geviertelt, da geht kein einziges Gramm verloren.

Josef
 
gereinigtes Wachs gleich in handliche Formen gießen

Hallo!

Ich zerschlage keinen Wachsblock, nach der letzten Reinigung
gieße das Kerzenwachs in kleine Kunststoffbehälter.
Gut eignen sich 1kg Kübel von den diversen Fruchtjoghurts.

Gruß Sepp
 
Danke für die tollen Tips!

Nach vielen Jahren oder Jahrzehnten (Jahrhunderte wäre leicht übertrieben :)) wäre ich selber drauf gekommen wie es gemacht wird, aber dank diesem Forum und euren Tips kann ich das Gottseidank überbrücken, toll.

Ich werde berichten wie es mir ergangen ist, das Stemmeisen kann auf alle Fälle in Rente gehen oder jetzt ganz und gar seiner Bestimmung als Holzbearbeitungswerkzeug nachgehen. Dafür wird auf Axt und Bohrer vermehrt Arbeit zu kommen. Die Joghurtbecher müssen warten bis zur nächsten großen Wachsschmelze.

Da fällt mir ein, ich könnte die Wachs-Blöcke auch in den besagten großen Karton geben und dann mit dem hydraulischen Holzspalter ........
 
Da fällt mir ein, ich könnte die Wachs-Blöcke auch in den besagten großen Karton geben und dann mit dem hydraulischen Holzspalter ........

Mensch Max, du hast solch tolle Gerätschaften und kommst selber nicht auf diese Idee. :SM_1_07:

Merke, je kälter das Wachs, desto besser kann es zerteilt werden.

Josef
 
...und desto weiter fliegen die Trümmer :toothy8:

Bedenke weiser Mann, die wäre lediglich dann der Fall, würde der kräftige Max mit der Axt :D ordentlich ausholen und den Karton vergessen haben. :SM_1_01:

Josef
 
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