Der Bienen-Much
Mitglied
- Registriert
- 9 Juli 2007
- Beiträge
- 534
- Punkte Reaktionen
- 0
- Ort
- Zschopau
- Imker seit
- 1978
- Heimstand
- Kleingartenanlage
- Rähmchenmaß/Wabengröße
- Deutsch-Normal
- Eigene Kö Zucht ja/nein
- Ja
Varroa und Bienenkönigin - Siamesische Zwillinge?
Stefan Wiedl
Auf Grund der Tatsache, dass ich seit Beginn der Varroainvasion nur mit biotechnischen Maßnahmen und Ameisensäure gearbeitet habe, war ich gezwungen, mich sehr intensiv mit diesem Parasiten auseinander zu setzen. Mehr als viele andere, die den einfacheren Apistanweg beschritten haben.
Folgende Informationen könnten ein Lösungsansatz aus der Sicht des Praktikers sein:
Wir kennen beim Bienenvolk folgende Zustände: Weiselrichtig, weisellos, drohnenbrütig. Wir wissen seit den Arbeiten von Dr. Wille Bescheid über den Massenwechsel und die Fluktuation von Bienen innerhalb der Bienenvölker eines Standes. Weiterhin gibt es offensichtlich auch einen massiven Austausch von Bienen von Bienenstand zu Bienenstand im lugradius des Arbeitsbereiches. Beweis dafür ist, dass sofort nach Zuwanderung von Carnicavölkern in Bukfastgebiete in den Carnicavölkern Bukfastbienen zu finden sind. Sicher auch umgekehrt. Das heißt: Alle Völker eines Gebietes stehen in permanenter Verbindung zueinander und im Austausch miteinander.
Was steuert nun diesen Austausch? Nach meinen Beobachtungen ist es die Pheromonabgabe der Königinnen. Jeder Imker hat schon erlebt, dass Ableger, die mit Weiselzellen erstellt wurden, unmittelbar nach Beginn der Eiablage der Königin um viele tausend Bienen stärker wurden - bevor noch eine junge Biene schlüpfen konnte. Hoffnungslos weisellose Völker werden laufend schwächer, auch wenn noch große Brutflächen schlüpfen. Beide Effekte entstehen durch den Einfluss von Pheromonen, die vorhanden oder nicht vorhanden sind.
Betrachten wir nun die Welt aus der Sicht der Varroa:
Sie ist blind, sie fühlt und riecht sehr gut. Trotz dieser geringen Möglichkeiten ist sie sehr erfolgreich unterwegs, ihre Art über die ganze Welt zu verbreiten. Was ist die wichtigste Information, die der Varroa das Überleben sichert? Es ist die Antwort auf die Frage: Wie finde ich die besten und attraktivsten Königinnen?! Was zeichnet nun diese Königinnen aus?
Einen hohen Pheromonspiegel, viel Brut und deren Hormone.
Wenn ich als Varroa meine Art erhalten will, muss ich nur Verhaltensweisen entwickeln, die es mir ermöglichen, diese Königinnen zu finden. Zwei Dinge helfen mir dabei gewaltig:
1. Meine Eigenschaft, Pheromone zu riechen und
2. Die Fluktuation der Bienen von Volk zu Volk und von Stand zu Stand.
Betrachten wir nun verschiedene Beobachtungen aus der Praxis und überprüfen wir, ob die zwei vorher genannten Punkte gegeben sind.
> Als erste sterben die schönsten und stärksten Völker.
Sie haben die attraktivsten Königinnen, ihre Bienen haben einen starken Pheromongeruch, und beim Wechsel von Volk zu Volk steigen Varroen auf diese Bienen, sofern sie in Völkern von weniger attraktiven Königinnen zu Hause sind. Dadurch erfolgt eine vermehrte Invasion von Varroen in diese starken Völker zusätzlich zur optimalen Vermehrungsmöglichkeit durch die Brutstärke dieser schönen Völker.
> Kunstschwärme, denen die Königin 24 Stunden entnommen wird, werden von der Varroa verlassen.
Meine Kunstschwarmkisten haben einen Boden nur aus Gitter. Legt man nun unter diese Kisten ein gefettetes Papier, so kann man folgendes beobachten: Sobald der weisellos gemachte Schwärm zu brausen beginnt, lassen sich die Varroen fallen und landen auf dem Papier. Früher glaubte ich, das passiert durch die Bewegung der Bienen und weil die Temperatur zu hoch wird. Heute bin ich mir sicher, dass es das fehlende Pheromon der Königin ist, das die Varroen so handeln lässt. Sie fallen in der Hoffnung, mit abfliegenden Bienen über das Bodenbrett die Beute verlassen zu können, um in weiselrichtige Völker zu gelangen. Bei weiselrichtigen Kunstschwärmen fallen kaum Varroen ab.
> Jede Brutunterbrechung durch eine weisellose Phase oder durch einen Schwarmakt reduziert die Varroen stark.
Die Varroa verlässt, auf den Bienen sitzend, jene Völker. In dieser weisellosen Phase versucht die Varroa, anderswo weiselrichtige Völker zu finden. Ich habe beobachtet, dass es auch auf Blüten Varroen gibt, die dort offensichtlich auf Bienen mit einem starken Pheromongeruch warten.
> Wie verhält sich ein von Räubern überfallenes Bienenvolk?
Die Königin wird nicht mehr ausreichend gefüttert, es sinkt der Pheromonspiegel rapid. Das veranlasst die Varroen des beraubten Volkes, dieses mit Hilfe der Raubbienen zu verlassen. Wir beobachten einen gewaltigen Anstieg der Varroapopulation in den raubenden Völkern.
> Im August brechen auch stark raubende Völker sehr rasch zusammen.
Die Varroen in der Brut dieser Völker können nicht die Ursache sein. Die Ursache sind offensichtlich die vielen Varroen auf den Bienen. Diese beißen Öffnungen in die Flugbienen, um zur Hämolymphe zu gelangen. Wenn nun diese Bienen an sehr starkem Trachtflug arbeiten (Raub), wird das Bienenblut durch die starke Aktivität des Flugmuskels aus dem Bienenkörper gepumpt, und die Bienen verbluten während des Fluges.
> Bienenvölker, die mit einer starken Varroapopulation einwintern, sitzen zwar im Winter unruhiger, jedoch bleiben sie relativ stark.
Auch hier kommt es in der Wintertraube zu einem Verbiss der Bienen durch die Varroen, und während der ersten Reinigungsausflüge sind dann die Stöcke fast leer (durch die Flugaktivität) und bald tot.
> Begattungskästchen haben kaum Varroen.
Dies trifft allerdings nur dann zu, wenn in einem Kästchen mehrere Königinnen produziert werden durch Zusetzen von Weiselzellen. Während der pheromonlosen Phasen verlassen die Varroen die Kästchen. Bleibt die Königin sehr lange in diesen, treten auch hier Varroaverluste auf.
> Beim Einsatz vom Fraknorähmchen kommt es auch zum Abfall von Varroen, die durch Raub eingetragen wurden.
Offensichtlich stört der Thymolgeruch die Erkennbarkeit des Pheromongeruchs, die Varroen lassen sich fallen und versuchen, das Volk zu verlassen.
> Die Varroa befällt Drohnenbrut zehnmal lieber als Arbeiterinnenbrut.
Früher dachte ich, es sei die längere Verdeckelungsdauer, doch es muss auch hier ein Futtersaftpheromonfaktor eine Rolle spielen. Die Varroa hat ja keinen Kalender aus dem sie erkennt, dass die Drohnen länger verdeckelt sind.
> Gibt es aggressive und weniger aggressive Varroen?
Ja, und zwar ab dem Zeitpunkt, wo es auf Grund von Fluktuation von Volk zu Volk und Stand zu Stand zu einer so hohen Varroapopulation kommt, dass mehrere Weibchen eine Zelle parasitieren. Dort gibt es dann keine Bruder-Schwester-Paarung mehr, sondern es entstehen F l-Hybriden mit enormer Vitalität und kaum mehr infertile Weibchen. Bei alleinstehenden Bienenständen ohne weiträumigen Bienenaustausch lebt die Varroa in einer inzuchtdepressiven Population und ist daher weniger vital. Der Anteil der infertilen Weibchen ist relativ hoch.
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der Beobachtung, dass die Varroa mit den Bienenköniginnen in direkter Verbindung steht?
1. Es müsste der Unterschied im Aufbau der Pheromone zwischen Apis mellifera und Apis cerana analysiert werden.
2. Auf Basis dieser Ergebnisse müsste untersucht werden, ob es Streuungen der Pheromonstruktur der Apis mellifera in Richtung Apis cerana gibt oder nicht. Wenn ja, dann wäre hier ein konkreter Ansatz zur Varroatoleranzzucht gegeben.
3. Entweiseln von Völkern zur Bekämpfung der Varroen ist nur dort sinnvoll, wo es zu keiner Vernetzung der Bienenvölker auf Grund von zu geringer Bienendichte kommen kann.
4. Unter Umständen wäre der Einsatz des Drohnenbrutpheromons mit einer überhöhten Konzentration, aufgebracht auf einer Fangplatte unter Gitter, eine Möglichkeit, die Varroen an einem bestimmten Platz im Bienenvolk zu fixieren (bei gleichzeitiger Unterbindung der natürlichen Drohnenaufzucht).
5. Die Vernetzung der Bienenvölker über große Gebiete mit hoher Bienendichte sollte auch zu einem generellen Umdenken im Seuchenmanagement führen.
Je mehr Widerspruch dieser Artikel auslöst, umso lieber ist es mir, weil dadurch eine Diskussion zu Stande kommt, die vielleicht ein weiteres Fenster zu einer anderen Betrachtungsweise unserer Betriebssysteme aufstößt.
Quelle: Deutsches Bienen Journal 4/2002
Der Autor: Stefan Wiedl, Imkermeister A-3470 Kirchberg / Wagram
---------------------------------------------------------------------------------
Der Verfasser Stefan Wiedl ist Praktiker und bietet Lösungsansätze. Der Umstand, dass sich die Varroamilbe am hohen Pheromonspiegel orientiert, ist für uns ein wichtiger Lösungsansatz. Es braucht nicht mehr erwähnt zu werden, dass der Kunstschwarm in der Imkerei ein wichtiges Betriebsmittel ist. Auch die Bildung von Ablegern mit einer schlupfreifen Königinnenzelle reiht sich ebenfalls in den Gedankengang ein, im Bienenvolk kurzzeitig den Pheromonspiegel abzusenken. Wird das ganze gepaart mit einer "guten imkerlichen Prxis", das heisst:
- ein gesunder Bienenstandort
- ganzjährig Pollen
- wo es möglich ist - Standbegattung
- leistungsfähige Königinnen
- eine vernünftige Auslese - Selektion
- ein gesunder Massenwechsel
- neue Waben und abermals neue Waben bauen lassen
- eine bienengerechte Einfütterung
- und das wichtigste, nicht bei jeder Gelegenheit das Bienenvolk "zerlegen". Wir Menschen haben Augen - gebrauchen wir sie!
Das sind alles Bausteine, meinetwegen auch Effekte auf dem Weg zur "guten imkerlichen Prxis".
Goethe beschreibt treffend mit dem Wissenschaftsinspirator Mephisto in Fausts Studierzimmer, der sagt:
„ Wer will was Lebendiges erkennen und beschreiben, sucht zuerst den Geist herauszutreiben, dann hat er die Teile in der Hand"
In diesem Sinne
Beste Grüße
Dieter
Stefan Wiedl
Auf Grund der Tatsache, dass ich seit Beginn der Varroainvasion nur mit biotechnischen Maßnahmen und Ameisensäure gearbeitet habe, war ich gezwungen, mich sehr intensiv mit diesem Parasiten auseinander zu setzen. Mehr als viele andere, die den einfacheren Apistanweg beschritten haben.
Folgende Informationen könnten ein Lösungsansatz aus der Sicht des Praktikers sein:
Wir kennen beim Bienenvolk folgende Zustände: Weiselrichtig, weisellos, drohnenbrütig. Wir wissen seit den Arbeiten von Dr. Wille Bescheid über den Massenwechsel und die Fluktuation von Bienen innerhalb der Bienenvölker eines Standes. Weiterhin gibt es offensichtlich auch einen massiven Austausch von Bienen von Bienenstand zu Bienenstand im lugradius des Arbeitsbereiches. Beweis dafür ist, dass sofort nach Zuwanderung von Carnicavölkern in Bukfastgebiete in den Carnicavölkern Bukfastbienen zu finden sind. Sicher auch umgekehrt. Das heißt: Alle Völker eines Gebietes stehen in permanenter Verbindung zueinander und im Austausch miteinander.
Was steuert nun diesen Austausch? Nach meinen Beobachtungen ist es die Pheromonabgabe der Königinnen. Jeder Imker hat schon erlebt, dass Ableger, die mit Weiselzellen erstellt wurden, unmittelbar nach Beginn der Eiablage der Königin um viele tausend Bienen stärker wurden - bevor noch eine junge Biene schlüpfen konnte. Hoffnungslos weisellose Völker werden laufend schwächer, auch wenn noch große Brutflächen schlüpfen. Beide Effekte entstehen durch den Einfluss von Pheromonen, die vorhanden oder nicht vorhanden sind.
Betrachten wir nun die Welt aus der Sicht der Varroa:
Sie ist blind, sie fühlt und riecht sehr gut. Trotz dieser geringen Möglichkeiten ist sie sehr erfolgreich unterwegs, ihre Art über die ganze Welt zu verbreiten. Was ist die wichtigste Information, die der Varroa das Überleben sichert? Es ist die Antwort auf die Frage: Wie finde ich die besten und attraktivsten Königinnen?! Was zeichnet nun diese Königinnen aus?
Einen hohen Pheromonspiegel, viel Brut und deren Hormone.
Wenn ich als Varroa meine Art erhalten will, muss ich nur Verhaltensweisen entwickeln, die es mir ermöglichen, diese Königinnen zu finden. Zwei Dinge helfen mir dabei gewaltig:
1. Meine Eigenschaft, Pheromone zu riechen und
2. Die Fluktuation der Bienen von Volk zu Volk und von Stand zu Stand.
Betrachten wir nun verschiedene Beobachtungen aus der Praxis und überprüfen wir, ob die zwei vorher genannten Punkte gegeben sind.
> Als erste sterben die schönsten und stärksten Völker.
Sie haben die attraktivsten Königinnen, ihre Bienen haben einen starken Pheromongeruch, und beim Wechsel von Volk zu Volk steigen Varroen auf diese Bienen, sofern sie in Völkern von weniger attraktiven Königinnen zu Hause sind. Dadurch erfolgt eine vermehrte Invasion von Varroen in diese starken Völker zusätzlich zur optimalen Vermehrungsmöglichkeit durch die Brutstärke dieser schönen Völker.
> Kunstschwärme, denen die Königin 24 Stunden entnommen wird, werden von der Varroa verlassen.
Meine Kunstschwarmkisten haben einen Boden nur aus Gitter. Legt man nun unter diese Kisten ein gefettetes Papier, so kann man folgendes beobachten: Sobald der weisellos gemachte Schwärm zu brausen beginnt, lassen sich die Varroen fallen und landen auf dem Papier. Früher glaubte ich, das passiert durch die Bewegung der Bienen und weil die Temperatur zu hoch wird. Heute bin ich mir sicher, dass es das fehlende Pheromon der Königin ist, das die Varroen so handeln lässt. Sie fallen in der Hoffnung, mit abfliegenden Bienen über das Bodenbrett die Beute verlassen zu können, um in weiselrichtige Völker zu gelangen. Bei weiselrichtigen Kunstschwärmen fallen kaum Varroen ab.
> Jede Brutunterbrechung durch eine weisellose Phase oder durch einen Schwarmakt reduziert die Varroen stark.
Die Varroa verlässt, auf den Bienen sitzend, jene Völker. In dieser weisellosen Phase versucht die Varroa, anderswo weiselrichtige Völker zu finden. Ich habe beobachtet, dass es auch auf Blüten Varroen gibt, die dort offensichtlich auf Bienen mit einem starken Pheromongeruch warten.
> Wie verhält sich ein von Räubern überfallenes Bienenvolk?
Die Königin wird nicht mehr ausreichend gefüttert, es sinkt der Pheromonspiegel rapid. Das veranlasst die Varroen des beraubten Volkes, dieses mit Hilfe der Raubbienen zu verlassen. Wir beobachten einen gewaltigen Anstieg der Varroapopulation in den raubenden Völkern.
> Im August brechen auch stark raubende Völker sehr rasch zusammen.
Die Varroen in der Brut dieser Völker können nicht die Ursache sein. Die Ursache sind offensichtlich die vielen Varroen auf den Bienen. Diese beißen Öffnungen in die Flugbienen, um zur Hämolymphe zu gelangen. Wenn nun diese Bienen an sehr starkem Trachtflug arbeiten (Raub), wird das Bienenblut durch die starke Aktivität des Flugmuskels aus dem Bienenkörper gepumpt, und die Bienen verbluten während des Fluges.
> Bienenvölker, die mit einer starken Varroapopulation einwintern, sitzen zwar im Winter unruhiger, jedoch bleiben sie relativ stark.
Auch hier kommt es in der Wintertraube zu einem Verbiss der Bienen durch die Varroen, und während der ersten Reinigungsausflüge sind dann die Stöcke fast leer (durch die Flugaktivität) und bald tot.
> Begattungskästchen haben kaum Varroen.
Dies trifft allerdings nur dann zu, wenn in einem Kästchen mehrere Königinnen produziert werden durch Zusetzen von Weiselzellen. Während der pheromonlosen Phasen verlassen die Varroen die Kästchen. Bleibt die Königin sehr lange in diesen, treten auch hier Varroaverluste auf.
> Beim Einsatz vom Fraknorähmchen kommt es auch zum Abfall von Varroen, die durch Raub eingetragen wurden.
Offensichtlich stört der Thymolgeruch die Erkennbarkeit des Pheromongeruchs, die Varroen lassen sich fallen und versuchen, das Volk zu verlassen.
> Die Varroa befällt Drohnenbrut zehnmal lieber als Arbeiterinnenbrut.
Früher dachte ich, es sei die längere Verdeckelungsdauer, doch es muss auch hier ein Futtersaftpheromonfaktor eine Rolle spielen. Die Varroa hat ja keinen Kalender aus dem sie erkennt, dass die Drohnen länger verdeckelt sind.
> Gibt es aggressive und weniger aggressive Varroen?
Ja, und zwar ab dem Zeitpunkt, wo es auf Grund von Fluktuation von Volk zu Volk und Stand zu Stand zu einer so hohen Varroapopulation kommt, dass mehrere Weibchen eine Zelle parasitieren. Dort gibt es dann keine Bruder-Schwester-Paarung mehr, sondern es entstehen F l-Hybriden mit enormer Vitalität und kaum mehr infertile Weibchen. Bei alleinstehenden Bienenständen ohne weiträumigen Bienenaustausch lebt die Varroa in einer inzuchtdepressiven Population und ist daher weniger vital. Der Anteil der infertilen Weibchen ist relativ hoch.
Welche Schlussfolgerungen ergeben sich aus der Beobachtung, dass die Varroa mit den Bienenköniginnen in direkter Verbindung steht?
1. Es müsste der Unterschied im Aufbau der Pheromone zwischen Apis mellifera und Apis cerana analysiert werden.
2. Auf Basis dieser Ergebnisse müsste untersucht werden, ob es Streuungen der Pheromonstruktur der Apis mellifera in Richtung Apis cerana gibt oder nicht. Wenn ja, dann wäre hier ein konkreter Ansatz zur Varroatoleranzzucht gegeben.
3. Entweiseln von Völkern zur Bekämpfung der Varroen ist nur dort sinnvoll, wo es zu keiner Vernetzung der Bienenvölker auf Grund von zu geringer Bienendichte kommen kann.
4. Unter Umständen wäre der Einsatz des Drohnenbrutpheromons mit einer überhöhten Konzentration, aufgebracht auf einer Fangplatte unter Gitter, eine Möglichkeit, die Varroen an einem bestimmten Platz im Bienenvolk zu fixieren (bei gleichzeitiger Unterbindung der natürlichen Drohnenaufzucht).
5. Die Vernetzung der Bienenvölker über große Gebiete mit hoher Bienendichte sollte auch zu einem generellen Umdenken im Seuchenmanagement führen.
Je mehr Widerspruch dieser Artikel auslöst, umso lieber ist es mir, weil dadurch eine Diskussion zu Stande kommt, die vielleicht ein weiteres Fenster zu einer anderen Betrachtungsweise unserer Betriebssysteme aufstößt.
Quelle: Deutsches Bienen Journal 4/2002
Der Autor: Stefan Wiedl, Imkermeister A-3470 Kirchberg / Wagram
---------------------------------------------------------------------------------
Der Verfasser Stefan Wiedl ist Praktiker und bietet Lösungsansätze. Der Umstand, dass sich die Varroamilbe am hohen Pheromonspiegel orientiert, ist für uns ein wichtiger Lösungsansatz. Es braucht nicht mehr erwähnt zu werden, dass der Kunstschwarm in der Imkerei ein wichtiges Betriebsmittel ist. Auch die Bildung von Ablegern mit einer schlupfreifen Königinnenzelle reiht sich ebenfalls in den Gedankengang ein, im Bienenvolk kurzzeitig den Pheromonspiegel abzusenken. Wird das ganze gepaart mit einer "guten imkerlichen Prxis", das heisst:
- ein gesunder Bienenstandort
- ganzjährig Pollen
- wo es möglich ist - Standbegattung
- leistungsfähige Königinnen
- eine vernünftige Auslese - Selektion
- ein gesunder Massenwechsel
- neue Waben und abermals neue Waben bauen lassen
- eine bienengerechte Einfütterung
- und das wichtigste, nicht bei jeder Gelegenheit das Bienenvolk "zerlegen". Wir Menschen haben Augen - gebrauchen wir sie!
Das sind alles Bausteine, meinetwegen auch Effekte auf dem Weg zur "guten imkerlichen Prxis".
Goethe beschreibt treffend mit dem Wissenschaftsinspirator Mephisto in Fausts Studierzimmer, der sagt:
„ Wer will was Lebendiges erkennen und beschreiben, sucht zuerst den Geist herauszutreiben, dann hat er die Teile in der Hand"
In diesem Sinne
Beste Grüße
Dieter