Selektion

apiarius

Mitglied
Registriert
26 Sep. 2009
Beiträge
208
Punkte Reaktionen
0
Hallo an die Runde!

Unlängst haben wir bei einem Treffen auch über das Thema "selektieren auf Sanftmütigkeit" gesprochen.
Bei mir hat Sanftmut oberste Priorität. Nicht befriedigende Völker werden konsequent umgeweiselt.

Einige Imker sind aber auch der Meinung zu friedfertige Bienen hätten daher einen nicht so starken Putztrieb und wären weniger Varroatolerant- sprich, zu viele züchterische Eingriffe schwächen die Völker. :huh

Diesbezüglich habe ich noch keine persönlichen Erfahrungen gesammelt. Wie weit verändern solche Eingriffe die Biologie der Honigbiene?
Würde mich sehr interessieren welche Erkenntnisse Ihr dazu habt!!

Liebe Grüße apiarius
 
Hallo,

eine Selektion auf Sanftmut finde ich persönlich nicht sinnvoll. Ich selektiere nur auf Honigertrag und sonst habe ich keine Kriterien, denn aggressive Königinnen werden sowieso bei mir am Stand nicht geduldet und werden umgeweiselt. Und ein natürlicher Verteitigungsinstinkt finde ich nicht schlecht. Allerdings brauche auch ich keine Stecher.

Aber als Selektionskriterium reicht Sanftmut eigentlich nicht wirklich aus, daher interessiert mich nun:
Auf welcher statistischen Basis wertest Du die Völker aus ? Auf welcher Basis wählst Du die Zuchtmutter ?
 
Hallo Sybill,

Dein "Nicht Dulden sondern Umweiseln" ist auch nix anderes als Selektion :)

Wieso sollte apiarius nicht mit höchser Priorität Sanftmut selektieren? OK, Du und wir haben primär andere Ziele und selektieren entsprechend auch anders.

Die negative Koppelung der Merkmale Sanftmut und Hygieneverhalten wird immer wieder behauptet. Meines Wissens basiert sie aber nur auf der Halbwahrheit das "africanized bees" angeblich aggressiv sind aber ein vorzügliches Hygieneverhalten haben sollen.
Eine konkrete Messung der genetischen Kopplung ist mir nicht bekannt. Abgesehen davon sind solche Messungen auch nur bei genügender Populationsbreite einigermaßen verlässlich.

Sanftmut ist meines Erachtens aber ein sehr heterogenes Selektionsmerkmal. Unterschiedliche Imker verstehen hierunter sehr verschiedenes.

Gruß vom kalten Mindelsee

Michael
 
Na ich habe 2 Völker die sind alles andere als sanft keine stecher aber Tiere oder manche Personen mögen die nicht aber sie haben am meisten Honig und die Milbe ist bei ihnen nicht so stark wie bei den andern.

Also sollen sie ruhig etwas grantig sein das ist mir herzlich egal weil ich kann ruhig form Flugloch sitzen und beobachten
nur andere nicht.
 
Hallo Sybill!

Ich züchte mir Königinnen nur von den friedlichsten Völkern, weil ich nicht gerne mit Schleier arbeite.
In meiner Nachbarschaft und unserem Freundeskreis sind viele junge Familien mit Kinder, darum lege ich großen Wert auf friedliche Bienen.
Bezüglich meiner Frage wollte ich nur wissen ob durch Selektion (sei es nun Friedlichkeit oder Honigertrag) andere wertvolle Eigenschaften unterdrückt werden.

Ein Imker in unserer Gruppe (2 Bienenstände weit außerhalb einer Ortschaft) behauptet dies nämlich.
Hab ihm am Anfang meiner Bienenhaltung öfters (mit einem eher mulmigen Gefühl im Bauch) geholfen, und auch einiges von ihm gelernt.
Aber haben möchte ich seine Völker nicht, sind relativ aggressiv und ohne Schutzkleidung geht da rein gar nichts!!

Er meint aber gerade diese seien seine gesündesten und besten Wirtschaftsvölker.
Er spricht sich gegen Selektion aus.- Wie gesagt, nur eine Meinung von vielen.

lg apiarius Biene3
 
Hallo,

apiarius schrieb:
Ich züchte mir Königinnen nur von den friedlichsten Völkern, weil ich nicht gerne mit Schleier arbeite.

aber wo ist hier die wirkliche Selektion ? Normalerweise ist ein Selektion bei der Königinnenzucht eine wichtige Geschichte die man über viele Jahre aufbaut und trägt.
Man ermittelt einen Standdurchschnitt, bewertet seine aktuellen Königinnen nach dem Durchschnitt, selektiert die "Top" Königinnen im Vergleich zu den anderen Völkern. Züchtet diese weiter und ersetzt mit den neuen, wahrscheinlich "besseren" Königinnen die alten um wieder den neuen Standdurchschnitt zu ermitteln. Diese Arbeiten gehen über Jahre und bis man erkennbare Verbesserungen erkennt, dauert es lange.

Wenn Du rein auf Sanftmut züchtest, solltest Du nicht auf eine Belegstelle in AT fahren, dort wird normalerweise auf Ertrag die Vatervölker gezüchtet. Eine Vermischung von mehreren Zuchtzielen macht aber Genetisch keinen Sinn, da sich hier wahrscheinlich nie eine Änderung des Verhaltens statistisch ergeben wird.

Bei einer Zucht auf Honigertrag ist die Sache ein wenig leichter. Wie beschrieben, wird der Standdurchschnitt ermittelt. Meistens hat man dann einige passende Zuchtmütter, bei denen man dann Ihr zusätzliches Verhalten in der Auswahl miteinbeziehen kann. Wenn einer meiner Top Mamas eine Stechermutter wäre, würde ich diese einfach nicht als Zuchtmutter verwenden, sondern eine von den Restlichen. Dh. nach Ertrag bewerte ich von meinen neuen möglichen Mamavölkern die Nebenkriterien wie: Sanftmut, Wabensitz, Brutverhalten, etc... Von der Königin die mir dann am besten in den Kram passt, wird nachgezüchtet. So habe ich auf lange Sicht einen besseren Ertrag und trotzdem einen Kompromis bei den restlichen Kriterien.
Wenn aber zB. bei einer Königin der Wabensitz zB. nicht perfekt wäre, wurde ich sie trotzdem verwenden, da gerade diese Nebenkriterien nicht wirklich stark vererbt werden und die Töchter trotzdem einen perfekten Wabensitz haben könnten und auch werden.

Generell finde ich es gut, das Du keine Stecher duldest, trotzdem würde ich persönlich die Sanftmut nicht als Hauptzuchtziel definieren. Aber es ist schon toll, wenn man über Zucht eine Verbesserung seines Standes in die Augen fasst, mit welchen Ziel auch immer !
 
Hallo zusammen!

apiarius schrieb:
Aber haben möchte ich seine Völker nicht, sind relativ aggressiv und ohne Schutzkleidung geht da rein gar nichts!!
Er meint aber gerade diese seien seine gesündesten und besten Wirtschaftsvölker.

Nur mal so zum Nachdenken: Ein Jungimker hat 2 Völker; eines ist extrem Sanftmütig und eines ist ein Stecher. Von welchem Volk wird er mehr Honig ernten? Natürlich vom Stecher. Warum? Welches Volk wird der Imker öfters Öffnen? Bei welchem Volk wird er sich beim Bearbeiten mehr Zeit lassen? Bei welchem Volk wird er die Arbeit auf das allernotwendigste beschränken? Wie heißt es so schön, jeder Eingriff kostet Honig...
Aber bringen sanftmütige Völker wirklich weniger Honig, oder benötigen sie nur selbst mehr um das Mikroklima im Stock wieder herzustellen?

Bzgl. Königinnenvermehrung:
Für mich als kleiner Hobbyimker mit 12 Völkern auf 2 Standorten ist es unmöglich repräsentative Selektion zu betreiben. Dies ist aus statistischen Gründen einfach unmöglich, da die Völkerzahl zu gering ist. Dennoch vermehre ich nach den Kriterien Sanftmut und Honigertrag. Ich denke diese 2 Parameter ergänzen sich ohnehin im Hobbybereich, den von einem ertragreichen Stecher wird ohnehin niemand nachzüchten, genausowenig wie von den Sanftmütigsten, die einen Honigertrag von 1kg/Volk/Jahr bringen...

Gruß,
Hary

PS: wenn sanftmütige Bienen wirklich so unhygienisch wären, wären sie schon durch allerlei Krankheiten ausgerottet worden....
 
Hallo apiarius,

also Deinem Imker glaube ich auch nicht. Ich züchte schon lange Bienen und Sanftmut war immer eines der wichtigsten Kriterien. Dennoch habe ich auch Standbegattungen. Bei denen kommt es hin und wieder vor dass ein Volk nervöser ist. Aber diese Völker haben weder mehr Honig noch putzen sie besser. Die gleichmäßigsten Erträge habe ich immer noch von den RZ Königinnen. Und wenn ich bei der AS Behandlung die Wettex mit Untersetzer nur einige Tage zu lang im Bodenbrett belasse, schleppen sie das ganze schon zum Flugloch (wo sie es dann nicht durchbringen). Also Sanftmut ist sicher kein Indiz für weniger Leistung. Ich würde fast sagen, sanftmütige Bienen lassen sich nicht so leicht ablenken wie nervöse.

mfg.Heinz
 
Hallo Heinz,

ein wirklich toller Beitrag, danke :bravo:

Sybill, Du hast recht. Züchterische Selektion geht besser wenn man viele genetische Kombinationen parallel VERGLEICHEN kann. Vergleichen erfordert aber mehr als nur simple Statistik.

Wie Hary schon ganz richtig angemerkt hat: Die Völker müssen auch von allen anderen Bedingungen VERGLEICHBAR sein. Also nicht Randvolk gegen Mitte einer Beutenreihe, nicht starkes Volk gegen schwaches, nicht gut gefüttertes gegen mangelhaft gefüttertes, nicht das Volk in das ich jedes Mal rein schaue gegen ein anderes, nicht das geschröpfte gegen das "originale".

Zur paternalen Seite bzw. Belegstelle. Auch rein maternale Selektion kann durchaus züchterischen Erfolg bringen, dauert halt länger aber verhindert auch einseitige Bewertungen durch einmalige Drohnen-Effekte. Basiszucht ist keine reine Phantasie.

Gruß vom bedeckten Mindelsee

Michael
 
Hallo an die Runde!

Danke für Eure Wortmeldungen. :n3:
Somit denke ich, da ich ja kein Züchter bin sondern nur Vermehrer, eigentlich alles richtig gemacht zu haben.
Ableger erstelle ich nur von Völkern die mir am geeignetsten erscheinen.

@ Heinz

Mit gekauften RZK hab ich bis jetzt auch nur die besten Erfahrungen gemacht.
Da ich in unserer Gemeinde für die Feuerwehr herrenlose Schwärme berge kommt es schon mal vor, daß darunter auch ein "Stecher" ist.
Der wird noch im Herbst des selben Jahres mit einer RZK umgeweiselt, bis jetzt noch immer mit Erfolg.
Die Bauleistung so eines Naturschwarms ist aber gigantisch.
Obwohl ich mit Naturbau arbeite ist eine Zarge in kürzester Zeit ausgebaut und im selben Jahr gibts auch noch Honig!
Liegt aber auch daran, daß bei uns im Weinviertel ein gutes Trachtgebiet vorhanden ist.

Liebe Grüße apiarius
 
Zurück
Oben