Wie lange lebt ein Bienenvolk?

Kap Horn

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Schwarmverhinderung wie
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Ja
Hej

Inspiriert von einem Artikel in der monatlich erscheinenden Bienenzeitschrift vom schwedischen Imkerverbund will ich den Blickwinkel gerne weitergeben.

Die Überschrift lautete: "Wie lange lebt ein Bienenvolk?"

Es gibt ja die Vorstellung dass ein Volk "ewig" leben kann aber stimmt das wirklich?
Die Antwort wenn man den Blick auf die Genetik richtet lautet dann schlicht und einfach: "Nein."
Das Volk stirbt genetisch wenn die Königin stirbt.
Übernimmt eine Tochter, wie es zB beim Schwärmen der Fall ist, so ist zumindest ein Teil des genetischen Materials noch immer vorhanden und damit die erworbene Anpassung an sowohl Krankheiten als auch die lokalen Gegebenheiten.

In der Natur ist die durchschnittliche Lebenslänge eines Volkes zwischen zwei und drei Jahren und die meisten Völker sterben im Winter/Nachwinter.

Und da war der "springende Punkt" im Resonemang: genetisch gesehen "stirbt" ein Volk in der gängigen Bienenhaltung im Sommer durch den Austausch mit einer neuen Königin.

Der Artikel hat mehr beleuchtet in dem Zusammenhang, u.a. wie die lokale Anpassung der Bienen dadurch im Grunde ständig sabotiert wird, eine Anpassung von der man weiß dass die Bienen dadurch gesünder bleiben.

Unsere Art der Bienenhaltung dreht, genetisch gesehen, die Art von "Leben und Tod" im Bienenjahr einfach um.
 
Eine sehr gute Frage Manfred, bin nun schon auf Antworten gespannt und ich hoffe diese langen recht zahlreich ein.

Josef
 
Moin zusammen!

"Superorganismus Honigbiene" oder auch der "Bien" ...

Der Organismus lebt und wenn er sich genetisch ändert, dann ist das eine natürliche Auffrischung und ich sehe nicht, warum das Volk dadurch sterben sollte. Geht das Leben denn nicht weiter, selbst wenn eine fremde Königin eingeweiselt wird?

Gruß,
Hermann
 
Hej Hermann

Das Stichwort ist "Genetik"...um es sehr deutlich zu machen: Angenommen du hast ein Krainervolk und weiselst dann im Vorsommer eine Ligustica ein.
Nach neun bis zehn Wochen ungefähr ist von Deinem Krainervolk nichts mehr da...genetisch betrachtet.
Das Volk ist schlicht und einfach gestorben auch wenn Deine Beute voller Leben ist.
 
(...)Das Volk ist schlicht und einfach gestorben auch wenn Deine Beute voller Leben ist.

Servus Kap Horn,

auch wenn ich Deine Argumentation verstehe, so ist genau das ein Widerspruch für mich.

Gruß,
Hermann
 
Meiner Meinung nach ist ein Volk immer jung, nur die Kö altert

Das Volk wird doch alle 40 Tage total kontinuierlich erneuert, naja im Winter geht es etwas länger
 
Hej Kurt

Na, das wird ja immer besser!
Nicht nur dass ein Volk "ewig lebt", sondern es bleibt obendrein auch noch "ewig jung".

Ist vielleicht Nektar und Pollen der Jungbrunnen nach dem die Menschheit schon immer gesucht hat?
(rhetorisch gemeint, nicht dass das Thema schon jetzt abdriftet in Richtung Jungbrunnen).

Wenn die Königin stirbt ohne dass eine durch sie entstandene Tochter übernimmt oder ihre Drohnen eine andere Königin begatten dann nimmt sie auch das gesamte genetische Erbe ihres Volkes mit ins Grab.

Und da komm ich dann zurück auf das was der Autor Hannes Bonhoff als Gesichtspunkt hat: Der grösste Anteil der Bienenvölker stirbt in der Natur im Winter/Nachwinter und damit entsteht ein genetischer Selektionsdruck der sich auch positiv auf verschiedene Ursachen auswirken kann.
Tauscht weiselt man im Sommer um, womöglich noch mit einer Weisel die gar importiert ist (Neuseeland hat große Exporteinnahmen durch die Königinnenzucht zB) so stirbt eben dieses Volk dass den Winter überlebt hat und damit verschwinden/sterben die eventuell positiven genetisch verankerten Möglichkeiten des alten Volkes völlig.
 
Wenn die Königin stirbt ohne dass eine durch sie entstandene Tochter übernimmt oder ihre Drohnen eine andere Königin begatten dann nimmt sie auch das gesamte genetische Erbe ihres Volkes mit ins Grab.

Nein, eigentlich nur die Genetik der Kö
 
Hallo
Seit jeher erhalten meine Völker für meine Dokumentation eine neue Nummer, sobald umgeweiselt ist. Der in den Vor-Postings erwähnte Widerspruch lässst sich IMHO leicht lösen: Mit der Königin endet der Gen-Pool dieses Volkes (beim Menschen spricht man ja auch vom Genozid -= Ausrotten einer genetisch verwandten Gruppe). Das heisst hier: Das Volk stirbt, die Bevölkerung lebt weiter.
MfG, Wolfhard
 
Hej Wolfhard

Danke für Deine klarlegende Antwort.
Ich verstehe das genau so.

Mich beschäftigt der Gedankegang noch immer und berichtigt mich gerne wenn ich Blödsinn schreibe!

Es gibt drei natürliche Arten die Gene eines Volkes, oder Teile davon, weiterzutragen (von Züchtung und Ablegerbildung daher abgesehen)


  1. durch die Königin wo das Volk eine Tochter hervorbringt, das Muttervolk dann schwärmt und die Tochter übernimmt
  2. durch die Drohnen die eine neue Königin befruchten
  3. durch ein Drohnenmütterchen deren Drohnen eine Königin befruchten

Im ersten Fall gibt es genetische Variationen einer Linie da ja im Normalfall mehr als eine Drohne sein Sperma hergegeben hat und somit selbst Töchter nicht genetisch gleich sein müssen.
Im zweiten Fall werden nur die Gene der Königin weitergegeben da die Eier unbefruchtet sind und die Linie der Königin völlig erhalten bleibt.
Im dritten Fall kann es wiederum zu Variationen kommen da bei der Arbeitsbiene die Linie eines Drohns mit dabei ist.

Ist keines davon der Fall, so ist die Weitergabe der Gene zur Sackgasse geworden und das Volk genetisch gesehen gestorben.

Ob man als Imker dann durch Manipulation eine Bevölkerung in der Beute behält ist eine ganz andere Sache und ich könnte fast sagen: der Imker "züchtet" Beuten.

Und niemand weiß wie ein Volk beeinflusst wird wenn man durch umweiseln mit einer Königin welche die "Linienverbindung" in keinster Weise hat diesen Genozid im Sommer willkürlich herbeiführt...aber immerhin zeigt dies dass damit die Möglichkeit "gute" Gene von diesem Volk weiterzugeben schlicht und einfach zunichte gemacht wird falls es nicht einigen "alten" Dröhnern gelingt eine Königin zu befruchten und diese ein neues Volk aufbaut, eine Möglichkeit die besteht aber als gering zu betrachten ist.

Und das beschäftigt mich...zumal ich ein "Schwarmbienenhalter" bin und nach wie vor so sind in den wenigen Jahren seit ich Bienen beheimate (gehe heuer in´s fünfte Jahr) die Ereignisse inmitten eines Schwarms zu stehen unvergesslich und das stärkste Erlebnis mit den Bienen überhaupt.
Ein Erlebnis dass ich jedem Imker von Herzen wünsche!

( Ich habe in der Zeit auch einem Profi über die Schulter geschaut wie er Königinnen im Brutschrank züchtet bis hin zur Insemination...und nein, das hat mich nicht so "ergriffen")


Svärm 2016-06-08 (2) (Medium).JPG
 
Hej

Noch so ein Blickwinkel der mir eben durch den Kopf ging: sogar wenn keine Königin mehr da ist und keine Möglichkeit eine nachzuziehen und eine Drohnenmutter "übernimmt" so ist das der letzte Versuch die Gene/Erfahrungen des Volkes weiter zu geben bevor es untergeht.

Alle Achtung vor so einer Strategie die weiter macht bis zum absoluten Ende selbst wenn die Hoffnung sehr gering ist.
Bienen scheinen wirkliche Kämpfer zu sein.

Und wir greifen da "unbedarft" ein mit neuen Königinnen im Sommer, am besten jedes zweite Jahr und machen auch diese letze, mögliche Strategie damit garantiert zu nichte?

Warum?

Aus dem gleichen Grund warum man das Licht in "Eierlegefabriken" länger anlässt!

Und erzählt mir hier bloss nicht was anderes.

Danke.
 
Es gab mal eine höchst interessante Doku im TV, in der die Imkerei von Stefan Mandl vorgestellt worden ist. Sehr !!! sehenswert!
Zur obigen Frage fällt mir daraus eine Szene ein, in der Stefan sinngemäß sagte, daß er mit seinen Völkern sehr verbunden ist und ihn einige seiner Völker bereits seit 30 (?) Jahren begleiten. (Die genaue Zahl weiß ich nicht, jedenfalls sehr viele Jahr). Stefan Mandl betrachtet demnach sein Volk sicher nicht genetisch...

Denn was ist eigentlich ein Volk?
Mir wurde beigebracht, daß zum Bienenvolk nicht nur die Bienen gehören sondern auch die Waben und die Beute.
Etwas weiter gefaßt ist sogar der Imker ein Teil des "Bien".

Daher entsteht für mich dann ein neues Volk, wenn das Volk schwärmt. Es ist zwar die alte Königin (Vorschwarm) und die alten Bienen, aber der Körper, also die Waben und auch die Beute (wenn ich den Schwarm erwische), wird neu. Und damit ist es - aus meiner persönlichen Sicht - ein neues Volk und kriegt eine neue Nummer.

Das "Spendervolk" erneuert lediglich die Königin, alles andere bleibt. Und wegen einer einzelnen Biene die ausgetauscht wird, bekommen sie keine neue Nummer :)

Anders herum stirbt für mich erst dann ein Volk, wenn ich die Beute wegräumen muß. Also das Volk wirklich tot ist (was -toi-toi-toi- noch nie der Fall war) oder ich ein Volk auflösen muß. Erst wenn die Beute weg ist, ist das Volk auch weg.

Eine Reduktion des Bien auf eine rein genetische Betrachtung ist mir genau so zuwider wie der geschichtlich vorbelastete Begriff "Genozid"...

Servus,

Nils
 
Hej Nils

Gerade das fand ich ja so intressant in dem Artikel: unsere bisherige Sichtweise wird da in Frage gestellt.
So habe ich auch wie Du bisher gedacht: Schwarm, neue Beute...also ein neues Volk.
Nun finde ich dass ich das nicht ganz verstanden habe, denn es ist das alte Volk das in eine neue Beute zieht und nichts anderes.
Das neue Volk sitzt in der alten Beute.

Es wird zwar nur eine Biene ausgetauscht, aber es ist eben die Biene, welche die Schlüsselposition im Volke hat!

"Erst wenn die Beute weg ist, ist das Volk auch weg"...nein, nur Deine Beute ist weg.
Das Volk an sich kann schon im vergangenen Jahr "genetisch" gestorben sein.

Ja, das mit "Genozid" kann zuwider sein...so wie mir der Begriff "Völkerführung", in der Bienenhaltung immer wieder mal angewendet, wirklich zuwider ist.

Aber mal ganz nüchtern betrachtet, so steht das eine als eine biologische Sichtweise während das andere eine Haltung den Bienen gegenüber ist.
Das eine ist eine biologische Betrachtung, das andere ist eine "ich-bin-der-Boss-hier-und-weiß-besser-als-ihr-Bienen" Haltung.
 
Hej

Es gab eine Zeit das war die Königin ein König, dann wurde sie zur Königin und zur Weisel (Weisel, weil man dachte dass sie den Weg zur neuen Behausung weiste/zeigte).
Heute wissen wir dass dies nicht der Fall ist, sondern die Späherbienen dies tun.

Dann wurde die Sichtweise und unser Verständnis zum "Bien" geweckt und hat sich durchgesetzt weil es "irgendwie" stimmt.
Nun zeigt sich mehr und mehr dass nicht die Königin "bestimmt" sondern das Volk als Gesamtheit.

Alle wurden zu Anfangs belächelt oder ihre Gedanken gar als reiner Blödsinn abgetan.

Aber, wie man sieht haben wir mehr dazugelernt.

Und wer weiß, vielleicht hat nun jemand die Tür geöffnet die uns i einen neuen Raum führt was die Frage "Leben und Tod des Bienenvolkes" angeht und neues Verständniss gebracht?

Für mich alle Mal!
 
Grüß euch,
Sehr nette und inspirierende Gedanken die hier gepflegt werden.
Ich darf daran erinnern, dass der Begriff "Königin" biologisch gesehen, falsch ist. Unsere Imkerkollegen aus "dem Osten" bezeichnen diese als "Matka"(=Mutter).
lg Michael
 
Hallo miteinander,

vielleicht sollten wir erst mal definieren was überhaupt ein Volk ist...:-k
Wenn ich von uns Menschen ausgehe, besteht ein Volk bis es ausgestorben ist und so ähnlich verstehe ich es auch bei den Bienen.
Solange also noch eine genetische Nachkommenschaft im Kasten ist, verstehe ich es immer noch als Volk, es ist nur eine andere Generation.

Gruß Franz
 
Moin,

also ich lass kein Volk verrecken.
Wenn die Genetik so toll war, dann hat es seine Gene über Drohnen und ggf. Königinnen verbreitet. Wenn nicht, dann interessiert mich das Volk und dessen Wohl mehr als die Gene.

Gruß,
Hermann
 
Hej
Hier hab ich ja wohl was in Gange gedreht...schön dass sich so manche äußern.
Das Thema berührt sogar "das was mal war."

Nur zur Klarstellung meinerseits: ich will nicht solchen Menschen wie zB Josef (oder Leif hier in Schweden) die lange Jahre den Bienen auf ihre Art gewidmet haben und noch dazu diesen Treffpunkt am Leben hält als "verkehrte" Bienenzüchter" hinstellen, sondern gerne ein wenig in deren Fußstapfen treten um hoffentlich dazu beitragen zu können das Verständniss für diese Art Lebewesen zu erweitern.

Dass ich dabei der ein oder dem anderem auf die Füsse treten mag ist nicht böse gemeint, aber scheinbar unausweichlich.

Nix für ungut also!
 
Also. jetzt muss ich auch mal, für mich sind die Beute und die Kö 2 Paar Schuhe

Jede Beute hat bei mir eine Nr. und die bleibt in der Regel immer gleich, ist so wie eine Wohnadresse

Und dann hat jede Kö eine eindeutige Bezeichnung und die hat sie ein Lebenlang, deshalb nenne ich meine Stockkarte auch eher Kö Karte

Jede Kö ist ganz eindeutig einzigartig und braucht dadurch eine Identifikation, ich sage der Karte deshalb ID Ausweis

Man darf nicht vergessen, eine Kö gibt es nur einmal ein einzigesmal, auch eine Vollschwester ist nicht ID mit Ihr

Die Kö und Ihre ID, wandert bei mir von Kasten zu Kasten, der Kasten ist quasi nur Nebensache,
ist ja nur Wohnung einer einzigen einzigartigen Madam mit Krone
 
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