Info-Block November von WL Gerhard Mohr

Astacus

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Südstadt
Imker seit
2004
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Güssing
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EHM, Zanderflach
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Ja
Info-Block November
Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene
WL Gerhard Mohr, Landeszuchtwart Vorarlberg, A-6952 Hittisau, Bolgenach 248
Tel-Nr. 0664/73836823 E-Mail: gerhard.mohr@vol.at
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Geschätzte Imker/innen!

Wenn die Tage kalt, nass und trüb werden ziehen sich nicht nur die Bienen in ihren Bienenstock zurück. Auch uns Imker/innen treibt es in die warme Stube und wir sind froh, dass es am Bienenstand kaum mehr etwas zu tun gibt. Nur auf die Restentmilbung der Völker dürfen wir auf keinen Fall vergessen. Die Zeit zwischen Allerheiligen und Weihnachten sollte dafür genutzt werden.

Natur und Bienenvolk im November

Der November ist meist ein grauer und trister Monat. Mensch und Natur spüren um diese Jahreszeit ganz deutlich, dass die Sonne fehlt. Die Ruhezeit des Vorwinters beginnt. Pflanzen stellen ihr Wachstum ein und viele Tiere verkriechen sich allmählich in ihre Winterquartiere, um die kalte Zeit möglichst energiesparend zu überbrücken.
Auch die Bienen stellen ihre Aktivitäten weitgehend ein und ziehen sich in ihrer Behausung mehr und mehr zu einer Traube zusammen. Einzelne Flugtage werden für Reinigungsflüge genutzt. Sie sind wertvoll für die Gesundheit, denn niemand weiß, wie lange die fluglose Zeit im Winter dauern wird. Sobald die Außentemperaturen unter 14° C sinken, rücken die Bienen enger aneinander. Eine richtige Wintertraube bilden sie aber erst bei Temperaturen unter 6° C. Im Kern der Traube wird die Temperatur von den Bienen durch Muskelzittern bei etwa 20° bis 30° C gehalten, am Rand kann sie bei sehr kalten Außentemperaturen auf 5° bis 7° C absinken. Dann verharren die Randbienen in einer Art „Kältestarre“ und sollten nicht durch unnötige Störungen oder Erschütterungen von der Wintertraube gelöst werden, da sie sonst erfrieren. Der am Flugloch angebrachte Mäuseschutz ist jetzt von großer Wichtigkeit. Auf Freiständen ist es aber nicht notwendig, Mausefallen aufzustellen. Wenn die Beuten nicht unnötigerweise mit Dämmstoffen verpackt werden, finden die Mäuse keinen Unterschlupf und können auch keinen Schaden anrichten.
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Text: Lockere Bienentraube bei ca. 10° C.

Imkern im November - Restentmilbung

An und für sich gäbe es am Bienenstand außer einer gelegentlichen Standkontrolle nichts zu tun, wenn nicht noch die Restentmilbung anstünde. Diese Winterbehandlung gegen die Varroamilbe wird bei allen Völkern durchgeführt, auch wenn die Gemülldiagnose nur einen geringen Befall vermuten lässt. Voraussetzung für eine gute Wirksamkeit ist die Brutfreiheit der Völker. Spätestens drei Wochen nach dem ersten Frost ist dies der Fall.
Aber auch dann, wenn die Völker keine Aktivität und über längere Zeit keinen Polleneintrag zeigen, kann man davon ausgehen, dass keine Brut mehr gepflegt wird. Bei warmen Temperaturen mache ich im Zweifelsfall eine Kontrolle. Dabei schaue ich mir einzelne Völker an, die noch sehr spät umgeweiselt wurden. Diese Jungköniginnen brüten in der Regel am längsten.
Mit der Oxalsäure steht uns für die Restentmilbung ein hochwirksames Mittel zur Verfügung, das keine Rückstände verursacht. Träufelverfahren und Verdampfung zeigen bei einfacher Anwendung eine ausgezeichnete Wirkung. Ich bevorzuge das Verdampfen, denn es ist für mich einfach anwendbar und sehr schonend zu den Bienen. Untersuchungen haben gezeigt, dass bei Einhaltung der Vorsichtsmaßnahmen während dem Hantieren mit der OS (Maske, Schutzbrille, Handschuhe) keine gesundheitlichen Gefahren bestehen.

Oxalsäure-Verdampfung

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Text:Der mit einer 12V-Batterie betriebene Varrox-Verdampfer wurde ausgiebig auf seine Wirksamkeit getestet.

Die Wirkungsweise der Verdampfungsmethode ist einfach. Der Oxalsäurenebel, der bei einer Temperatur von 104°C entsteht, verteilt sich bis in den letzten Winkel der Bienenbeute und setzt sich als Staub auf den Waben und Bienen ab. Die Varroamilben werden bei Kontakt mit den Oxalsäurekristallen verätzt. Der Milbenfall erreicht seinen Höhepunkt meist erst nach ein paar Tagen und dauert mehrere Wochen an.
Am besten lässt sich die Verdampfung bei einer Temperatur von 5° – 10° C durchführen. Es ist dann so kalt, dass die Bienen nicht ausfliegen, aber trotzdem warm genug, dass die Dämpfe auch in die noch lockere Bienentraube eindringen können. Man stellt sich bei der Behandlung am besten so zu den Völkern, dass evtl. austretende Dämpfe durch den Wind von einem weggeblasen werden. Die Fluglöcher werden während und bis mindestens zehn Minuten nach der Behandlung mit einem Schaumgummistreifen geschlossen. Der Zeitaufwand für eine Behandlung ist gering (ca. 3 – 5 Minuten). Ich kann alle meine Völker an einem einzigen Nachmittag behandeln.
Da die Wirksamkeit der Verdampfung sehr hoch ist (bei Brutfreiheit immer über 95%) genügt eine einzige Behandlung vollauf. Nur wenn über 1000 Milben fallen oder die Völker wider Erwarten doch nicht brutfrei waren, sollte eine zweite Behandlung nachfolgen. Die Brutfreiheit erkennt man daran, dass keine hellen Milben nach der Behandlung auf der Stockwindel liegen. In vielen Imkervereinen werden Verdampfungen als Dienstleistung von den Gesundheitswarten durchgeführt.

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Text: Auf der Stockwindel sollten nur dunkle Milben liegen.

Gedanken zur Entwicklung der Bienenzucht

Vielleicht geht es Ihnen an manchen Novembertagen so wie mir und sie machen sich Gedanken über die Entwicklung der Bienenzucht und der Natur im Allgemeinen. Schließlich ist die Biene ein wichtiger Sensor für eine intakte Natur.
Da geben Meldungen über flächendeckendes Bienensterben in Gegenden der USA oder über Vergiftungen der Bienenvölker durch gebeiztes Saatgut im oberen Rheintal schon zu denken. Ist es wirklich notwendig, das Gift Clothianidin, das zu großen Bienenschäden bei unseren deutschen Nachbarn geführt hat, wieder einzusetzen? Von Seiten der Landwirtschaft wird dies jedenfalls angestrebt.
Auch der zunehmende Anbau von gentechnisch veränderten Pflanzen bringt große Probleme mit sich. Um nicht falsch verstanden zu werden: Die Erforschung der Gentechnik ist nicht grundsätzlich negativ. Viele Fortschritte, aber auch negative Entwicklungen (Atombombe) sind durch Forschung entstanden. Die Gentechnik könnte uns vielleicht helfen, mit bestimmten Krankheiten besser fertig zu werden.
Dennoch sollten wir uns derzeit gegen den Einsatz von Gentechnik in der Landwirtschaft stellen. Die Ziele die damit verfolgt werden, bringen weder Vorteile für die Bauern (Abhängigkeit vom Saatgut), noch für die Natur (Herbizide werden weiterhin angewendet) noch für den Konsumenten. Gentechnik-Landwirtschaft führt dazu, dass konventionelle Bauern oder Biobauern, aber auch wir Imker bald keine Chance mehr haben, unsere gentechnikfreien Produkte zu erzeugen. Der Pollen gentechnisch veränderter Pflanzen wird von unseren Bienen eingetragen und durch sie oder den Wind über viele Kilometer verbreitet. Damit sind alle Bauern und Imker gezwungen, Gentechnik in ihren Produkten zu akzeptieren. Eine klare Abtrennung von gentechnikfreien und gentechnisch veränderten Pflanzen nebeneinander ist in der Praxis nicht möglich.
Ein ähnlich gelagertes Problem, wenn auch nur für uns Imker brisant, ist die Haltung mehrerer Bienenrassen in einem Gebiet. Die Carnica ist eine der wenigen unvermischt gebliebenen natürlichen Bienenarten der Gattung Apis mellifera. Mehr als 98 % der Imker in den österreichischen Ursprungsgebieten der Carnica wollen die Carnicabiene halten. Aufgrund der speziellen Paarungssituation bei Honigbienen ist dies aber nur möglich, wenn in einem großen Umkreis keine anderen Bienenrassen vorhanden sind oder wenn ein großer Aufwand betrieben wird (Belegstellen, künstliche Besamung). Ist hier die persönliche Freiheit einiger weniger in der Bienenhaltung wirklich über die Interessen aller anderen zu stellen?
Der Kreuzungszüchter Bruder Adam schrieb in seinem Buch „Auf der Suche nach den besten Bienenstämmen“ bereits 1983 über die Erhaltung der natürlichen Bienenrassen: „Es ist vielleicht nicht allgemein bekannt, dass manche Rassen und Stämme langsam, aber sicher ihrer Ausrottung entgegengehen. Der Grund ist eine weitverbreitete, ziellose Bastardierung….Mit großem Bedauern stellt der Vererbungsforscher fest, dass viele wertvolle Eigenschaften im Mischmasch der Bastardierung stark unterdrückt wurden und damit oft völlig verlorengegangen sind. Mischlinge sind von keinerlei Wert für den Züchter.“
Einige Bienenrassen wurden seither von dieser Entwicklung eingeholt. Leider hat Bruder Adam nicht bedacht, dass die Kreuzungszucht auch zu dieser Entwicklung beigetragen hat.
Die Carnica steht nicht zuletzt aufgrund ihrer hervorragenden wirtschaftlichen Eigenschaften auch heute noch in großen Populationen reinrassig da. Sorgen wir dafür, dass es so bleibt!
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Text: Durch ihre Sanftmut und Wabenruhe ist die Carnica ideal für die Imkerei in dicht besiedelten Gebieten.
 
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