Info-Block Juli/August von WL Gerhard Mohr

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Stockerau, Fahndorf bei Hollabrunn
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1990
Heimstand
viele
Wanderimker
Ja
Rähmchenmaß/Wabengröße
Breitwabe
Schwarmverhinderung wie
Jungvölker, Brutentnahme
Eigene Kö Zucht ja/nein
Ja
Hallo,
in Urlaubsvertretung von Astacus darf ich Euch diesmal die Monatsanweisungen von WL Gerhard Mohr übermitteln:

Info-Block Juli/August
Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene
WL Gerhard Mohr, Landeszuchtwart Vorarlberg, A-6952 Hittisau, Bolgenach 248
Tel-Nr. 0664/73836823 E-Mail: gerhard.mohr@vol.at

Geschätzte Imker/innen!

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Im Juli gehen die Brutflächen und teilweise auch schon die Volksstärke unserer Bienenvölker merklich zurück. Nur die Jungvölker sind noch im Wachsen. Nach Sommersonnenwende (21. Juni) beginnen die Bienen nach "innen" zu arbeiten und bereiten sich auf den kommenden Winter vor. Spätestens Ende Juli sollten wir Imker/innen mit der wichtigsten Arbeit im Bienenjahr starten: Völker auf den Wintersitz setzen, Auffütterung und Varroabekämpfung. Wenn sie rechtzeitig durchgeführt werden und gelingen, ist der Grundstein für den imkerlichen Erfolg im kommenden Jahr gelegt.

Obwohl der Sommer im Juli erst so richtig beginnt, neigt sich das Bienenjahr schon dem Ende zu. Die meisten größeren Trachtquellen sind versiegt und nur dort, wo die Tanne oder Hochgebirgswiesen honigen, sind noch Erträge für den Imker zu erwarten. Bei den Wirtschaftsvölkern ist ein Aufkommen des Schwarm triebes nicht mehr zu befürchten, das Brutnest wird merklich kleiner. Dieser Rückgang von Brut und Bienen ist vorprogrammiert und gehört zur Natur des Bienenvolkes.
Wenn die Völker unsere Aufmerksamkeit jetzt nicht allzu sehr fordern, können wir die Gelegenheit für Vereinsaktivitäten und zur Kontaktpflege nutzen.

Varroakontrolle

Im Juli sollten wir ein Auge auf die Vermehrung der Varroamilben werfen. Fachleute gehen von einem linearen Anstieg mit monatlicher Verdoppelung des Varroabefalls während der Brutzeit aus. Ich habe den Eindruck, dass die Milbe sich in manchen Jahren ähnlich einer Exponentialfunktion (Zinseszinskurve ) vermehrt, anfangs flach, dann immer steiler ansteigend. Jedenfalls kann durch Räuberei und Verflug in den Monaten Juli, August und September der Befall sprunghaft anwachsen. Es empfiehlt sich, durch eine mehrtägige Windelkontrolle (gittergeschützt) ein Bild vom Befall der Bienenvölker zu bekommen. Im Gemüll finden sich dunkelbraune erwachsene und hellere, weiß oder gelb gefärbte junge Milben, die ihre Entwicklung in der Brutzelle nicht beendet haben. Bei der Auszählung werden dunkle und helle Milben erfasst. Der tägliche Milbenabfall wird mit dem Faktor 100 bis 300 multipliziert, um die Anzahl Varroen im Volk zu errechnen. Fallen mehr als 10 Milben täglich, ist Gefahr im Verzug und es sollte mit der Entmilbung nicht mehr länger zugewartet werden.
Vorsicht: Bei Ameisen oder Ohrwürmern auf der Windel hat der natürliche Milbenfall keine Aussagekraft!

Entstehung der Winterbienen

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Solch große Mengen Varroamilben sollten nur nach einer hochwirksamen Behandlung abfallen.

Für eine gute Überwinterung und Frühjahrsentwicklung benötigt ein Bienenvolk möglichst viele gesunde und langlebige Winterbienen. Die Entstehung der Winterbienen beginnt im Juli. Die meisten schlüpfen im August und September. Sie unterscheiden sich von Sommerbienen dadurch, dass sie durch vermehrte Pollenaufnahme einen größeren Fettl - Eiweißkörper entwickeln und sich nicht mehr an den anfallenden Arbeiten (Futteraufbereitung, Brutpflege, Sammeltätigkeit) beteiligen. Sie "schonen" sich quasi für das kommende Frühjahr.
Wird eine Winterbiene durch eine Varroamilbe geschädigt, verkürzt sich ihre Lebenszeit etwa um ein Viertel. Darum ist es besonders wichtig, dass die Hauptentmilbung vor der Entstehung der Winterbienen beginnt und die Aufbereitung des Winterfutters noch von den Sommerbienen erledigt wird. Spätestens Ende Juli/Anfang August werden die Völker auf den Wintersitz gesetzt und mit der Auffütterung und Varroabekämpfung begonnen.

Abräumen und Auffütterung

Das mit der Honigentnahme verbundene "Abräumen“ nehme ich zum Anlass, die Brut der Völker zu kontrollieren. Sind alle Stadien der Brutentwicklung zu sehen, ist ein geschlossenes Brutbild vorhanden?
Völker, die keine offene Brut haben (z. B. Umweisler) werden notiert und zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal kontrolliert. Solche, die aus irgendeinem Grund nicht gefallen (geringe Volksstärke, wenig Brut), werden aufgelöst.
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Weil die Zeit des Abräumens meist trachtlos ist, sollte zügig gearbeitet werden, damit keine Räuberei entsteht. Sobald die Bienen mit dem "Schnüffeln" beginnen, muss man die Arbeit beenden und am nächsten Tag weiterführen. Ich arbeite immer in den Morgenstunden oder an fluglosen Tagen, dann geht es am besten.
Die abgeräumten Völker werden noch am selben Tag eingefüttert. Sie bekommen 10 Liter Flüssigfutter (bei mir seit zwei Jahren Maisstärkesirup), um die entstandene Notsituation sofort zu beheben. Ich halte nichts von der Gepflogenheit, den Bienen die ausgeschleuderten Waben wieder einzuhängen, nach einiger Zeit nochmals zu entnehmen und erst dann mit der Fütterung zu beginnen. In diesen Hungertagen stoßen die Völker viele Bienen ab und werden stark geschwächt.

Varroabekämpfung

Etwa eine Woche nach der ersten Fütterung beginnt die Varroabe kämpfung mit Ameisensäure. Ich verwende nun schon über 15 Jahre AS und habe beste Erfahrungen damit gemacht. Ich kann auch behaupten, in diesen Jahren kein Volk durch die Varroamilbe verloren zu haben, auch wenn ich in zwei Jahren knapp an der Katastrophe vorbeigeschrammt bin (Durchschnittsabfall bei der ersten Behandlung über 2000 Milben). Heute sind wir in Österreich mit den organischen Säuren (AS, Oxalsäure) und ätherischen Ölen (Thymol) auf dem richtigen, dem "natürlichen" Weg, auch wenn sie nicht immer einfach in der Anwendung sind. Ob nun das langsamer wirkende Thymol oder die AS das Mittel der Wahl ist, liegt an der Sympathie des Imkers gegenüber dem einen oder anderen Wirkstoff. Wir können die Bienen leider nicht fragen, ob sie lieber eine mehrtägige "Rosskur" mit AS oder eine mehrwöchige Überlagerung des Stockgeruchs durch Thymol in Kauf nehmen. Besonders die vielen positiven "Nebenwirkungen " (Förderung des Putztriebes, Wirkung gegen Tracheenmilbe und Nosema) haben mich zum Anhänger der AS gemacht. Egal ob Langzeitbehandlung oder Stoßbehandlungen angewendet werden, mit beiden Methoden bin ich gut gefahren. Ich weiß, dass die meisten Imker schon lange "ihre Methode" der AS- Behandlung gefunden haben. Dennoch möchte ich meine Vorgangsweise schildern, weil dies von Neuimkern gewünscht wurde.

Langzeitbehandlung von oben

Etwa eine Woche nach der ersten Fütterung wird der Futtertrog umgedreht (dient als Verdunstungsraum) und der Apidea-Verdunster für die etwa einwöchige Langzeitbehandlung mit 85%-iger AS aufgelegt. Als Abstandhalter gegenüber den Rähmchen dienen zwei Holzleisten. Dabei werden die Öffnungen des Verdunsters so eingestellt(Gebrauchsanleitung) , dass ca. 15 Gramm AS am Tag (für 2 Langstroth-Flachzargen) verdunsten. Bei Ganzzargen sollten etwa 10 g 85%-ige AS für Einraumvölker und 20 g 85%-ige AS für Zweiraumvölker täglich verdunsten.
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Behandlung von oben mit Apidea-Verdunster. Die Bienen ziehen sich in die Wabengassen zurück.

Ich habe auch gute Erfahrungen mit anderen Verdunstern gemacht, für meine Beute ist aber der flache Apidea - Verdunster am angenehmsten. Am liebsten beginne ich eine Langzeitbehandlung an einem nicht allzu heißen Tag, wenn der Wetterbericht schönes Wetter mit ansteigenden Temperaturen ankündigt. Die Bienen reagieren auf die Einbringung der AS mit dem Zurückziehen in die Wabengassen und leichtem Brausen. Wenn sie weit nach unten flüchten und die Brut verlassen oder sogar einige zum Flugloch hinausziehen, sollte sofort die Dosierung verringert werden. Wenn die Bienen aber gar keine Rückzugsreaktion zeigen und sogar auf der Verdunsterplatte herumspazieren, wurde unterdosiert.
Kontrolle durch Abwiegen
Die beste Kontrolle der Wirkung ist für mich das Abwiegen der Verdunstungsmenge. Jede Platte wird nach dem Befüllen gewogen und mit dem Gewicht angeschrieben. Nach Anwendung wird sie noch einmal gewogen und mit der Differenz die durchschnittliche Verdunstungsmenge pro Tag ermittelt. Diese Verdunstungsmenge sagt weit mehr über den Wirkungsgrad aus, als der Milbenabfall nach der Behandlung.
Nach der Langzeitbehandlung wird der Futtertrog wieder umgedreht und die Auffütterung mit einer zweiten Portion Winterfutter abgeschlossen. Je nach Wirkungsgrad und Varroadruck kann noch eine zweite Langzeitbehandlung oder eine Stoßbehandlung durchgeführt werden. Seit ich die Restentmilbung bei Brutfreiheit durchführe, kann ich in geringen "Varroa- Jahren" auf die zweite Langzeitbehandlung verzichten.

Stoßbehandlungen von unten

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Bei Stoßbehandlungen von unten sollte immer ein Gitter zwischen Schwammtuch und Bienenvolk sein, damit keine Bienen auf die AS fallen können.

Um die Wirkung einer Langzeitbehandlung zu erreichen, benötige ich etwa 3 Stoßbehandlungen mit dem Schwammtuch. Besonders einfach ist eine Stoßbehandlung durchzuführen, wenn eine gittergeschützte Schublade gezogen werden kann, auf die das Schwammtuch aufgelegt wird. 650/0-ige AS hat einen geringeren Dampfdruck als 850/0-ige AS und die Wirkung setzt etwas langsamer und damit schonender für die Bienen ein. Bei 650/0-iger AS benötige ich (von unten) etwa 50 ml für zwei Langstroth - Flachzargen. Bei Ganzzargen sollte die Menge 30 ml für Einraumvölker und 60 ml für Zweiraumvölker betragen. Nach meinen Erfahrungen wirkt die Behandlung von unten nur bei trockenem Wetter und Schattentemperaturen von mind. +20 0 C. Der Schwerpunkt der Brut sollte unbedingt in der unteren Zarge sein. Die meiste AS verdampft in den ersten 6 Stunden. Ist das Schwammtuch am darauf folgenden Tag noch nass, hat die Behandlung nicht gewirkt. Schwammtuchbehandlungen von oben werden mit etwa 1/3 geringeren AS- Mengen durchgeführt. Auch bei Verwendung von 85%-iger AS muss geringer dosiert werden.
Nach einer AS- Behandlung sollte immer die Reaktion der Bienen beobachtet werden. Ziehen einige aus dem Stock aus, so muss die Dosierung zurückgenommen werden. Reagieren zurückkehrende Pollenbienen am Anfang der Behandlung leicht irritiert, fliegen aber nach 23 Anläufen in den Stock ein, so passt die Dosierung.
Der große Vorteil der Stoßbehandlung ist, dass man sich die Behandlungstemperatur aussuchen kann. An heißen Tagen wird frühmorgens behandelt, an kühleren Tagen eher um die Mittagszeit.

Grundsätze der AS-Behandlung

Abschließend möchte ich noch einige Punkte anführen, die meines Erachtens für eine gute Behandlung wichtig sind:
AS-Behandlungen werden am besten bei Schönwetter durchgeführt. Die Wirkung aber auch die Verträglichkeit für die Bienen ist bei feuchtem und kühlem Wetter nicht so gut.
Die Bienen müssen die Waben gut besetzen, damit eine gleichmäßige Wirkung möglich ist.
Wurden durch eine Behandlung die jüngsten, empfindlichen Maden in den Brutzellen verätzt, so bedeutet das kaum einen Verlust für das Bienenvolk. Werden aber schlüpfende Jungbienen durch Atemlähmung getötet, so schadet man den Völkern. Darum sollte man den AS-Applikator immer mindestens im Abstand von 4 cm zur verdeckelten Brut anwenden, damit sie von den Bienen geschützt werden kann.
Beim Hantieren mit AS unbedingt die Vorsichtsmaßnahmen im Umgang mit Säuren beachten (Schutzhandschuhe, Schutzbrille, Wasser berei tstellen) !
Als oberster Grundsatz bei der Anwendung aller Behandlungsmittel sollte immer gelten: "So viel Mitteleinsatz wie nötig, aber so wenig wie möglich!"
Ich wünsche Ihnen die nötige Energie und Zeit, ihre Völker rechtzeitig und ausreichend einzufüttern und gegen die Varroamilbe zu behandeln. In dieser Entwicklungsphase hängen Gedeih und Verderb der Bienen ganz von uns Imker/innen ab. Danach können wir uns in dem guten Gefühl zurücklehnen, unsere Schützlinge bestens betreut zu haben und uns einen Urlaub gönnen.

Vorschau auf September
* Umweiselung minderwertiger Königinnen
* Freiluftkunstschwarm mit Kästchenbienen
* Lagerung, Verwertung und Vermarktung der Bienenprodukte
 
Hallo,

ich habe gerade das Foto mit dem Apidea Aplikator gesehen und frage mich nun was den richtig ist, denn vor einiger Zeit habe ich genau diesen Aplikator gekauft und mir wurde von den Versender gesagt, dass die Öffnung nach oben zum Deckel zeigen muss, auf dem Foto ist die Öffnung aber nach unten gerichtet.

Was ist nun richtig??

Gruß
Eismann
 
Hallo!

Hab dieses Modell auch in meiner Sammlung.

Nach meiner Erfahrung wirkt die Behandlung am besten so wie auf dem Bild von Mohr dargestellt,
aber nicht auf die Holzleisten vergessen!

Gruß
Norbert
 
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