Diverse Krankheiten - Wahrheit oder Ausrede

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albert

Guest
Sehr oft passiert es mir, dass Imker über Probleme bei den Bienen erzählen und nicht selten die falschen Schlüsse aus dem Beobachteten ziehen. Es wird von einer Bienenvergiftung gesprochen, die sich später als Faulbrut herausstellt. Schwächelnde Bienen werden dem Wetter in die Schuhe geschoben, dabei kämpfen die Bienen mit der Varroa. Das Kashmir-Virus musste herhalten, wurde in dem betreffenden Jahr kein einziges Mal gesichert nachgewiesen. Viele Imker wissen es nach wie vor nicht zu deuten, was es damit auf sich hat, wenn im Oktober noch Bienen im Stock waren und im November nicht.
Wie gibt es das, dass ich im August - aufgrund hervorragender Behandlung - nahezu Varroafrei bin und im Oktober täglich 12 Milben fallen. Ursache ist so ein Bienenverschwinden im Oktober. Irgendwo betteln sich die überparasitierten Bienen ein und bringen die Varroa auf dem Silbertablett.
Wie kann es sein, dass die Faulbrut schlagartig 5 Imker betrifft? War da nicht vorher schon bei einem einzigen etwas nicht in Ordnung? Warum hängen noch immer die Waben zum Ausschlecken vor den Bienenhütten?
Wer weiß schon, wie ich bei der Maikrankheit richtig reagieren soll? Darauf, dass Wassermangel die Ursache sein könnte kommen viele Imker nicht.
Dass man verkotete Waben - wie sie im heurigen Winter leider vorkamen - nicht in ein gesundes Volk hängt, weil sie es ohnehin säubern, fällt dem Sparstift zum Opfer.
Unzählige Beispiele ließen sich aufzählen, wo man erkennen muss, dass es nicht genügt, Bienen zu halten. Man trägt die Verantwortung und ist verpflichtet, auch Bienenpflege zu betreiben, sich weiterzubilden. Ein Wanderlehrervortrag wird mit Gähnen quittiert, weil man eh alles weiß. Und anschließend verliert man die Völker aus genau dem Grund, den der Wanderlehrer gerade versucht hat zu verhindern.
Es gibt bei den Bienen nicht nur schöne Seiten. Es gibt - wie bei allem - auch Schattenseiten. Es kommt nur darauf an, wie lange man diese Schatten werden lässt. Wofür gibt es in den Vereinen Gesundheitswarte, die ausgebildet wurden, um den Kollegen mit Rat und (wenn nötig) mit Tat zur Seite zu stehen?
Evolutionsbiologische Vorträge mit der Beschwörung der Selbstheilungskräfte dienen der Sache keineswegs. Ich glaube nicht, dass es nur ein einziger von uns Forianern erleben wird, dass unsere Biene und die Varroa in normaler Koexistenz nebeneinander leben werden.
Aufmerksames Beobachten und die richtigen Schlüsse zu ziehen ist viel wichtiger als noch ein Kilo Honig mehr geerntet!

LG Albert
 
Vieles von dem was du schreibst Albert kann ich bestätigen oder ist meine Meinung. Momentan bin ich persönlich etwas müde geworden den "beratungsresistenen Kollegen" meine Zeit zu opfern. Bin kein Gesundheitswart mehr.
 
Servus Albert,

albert schrieb:
Evolutionsbiologische Vorträge mit der Beschwörung der Selbstheilungskräfte dienen der Sache keineswegs. Ich glaube nicht, dass es nur ein einziger von uns Forianern erleben wird, dass unsere Biene und die Varroa in normaler Koexistenz nebeneinander leben werden.
für meinen Geschmack bist Du hier vielleicht schon einen Hauch zu dogmatisch.
Es gibt ja auch ganz gut dokumentierte Versuche mit dem Einstellen eines natürlichen Gleichgewichts zwischen Wirt und Parasit.
Die über mehrere Jahre verfolgte Entwicklung auf Gotland oder die amerikansichen Primorskis lassen da schon einige Aussagen zu.

Das kategorische Ablehnen des Arguments, dass sich bei Nichtbehandlung ein Gleichgewicht einstellen wird, überzeugt keinen - denn es ist ja richtig, es bildet sich ein Gleichgewicht aus. Man muss aber sehen, was der Preis dieses Gleichgewichts durch beinharte Selektion auf Varroatoleranz ist:

*) enorme Verluste in der Anfangszeit (das drückt ein Hobbyist nie durch)
*) tendenziell höhere Verluste im weiteren Betrieb
*) höhere Anfälligkeit für andere Krankheiten
*) kleinere, ertragsschwache Völker
*) Dauerreservoir für die Reinvasion der Nachbarvölker
*) keine genetische Stabilität: da laufend Drohnen aus dem konventionellen Genpool mitbegatten, ist das Ziel einer stabilen varrotatoleranten Linie nicht erreichbar, das Unternehmen ist - im kleinen Rahmen - von Anfang an dazu verurteilt auf halbem Weg steckenzubleiben

Ich denke mit gut begründeten Argumenten kann man den meisten Evolutionsfreunden verständlich machen, dass eine laufende Behandlung unumgänglich ist - mit dogmatischer Ablehnung à la "geht nicht" überzeugt man nur selten jemanden.

lg,
Sebastian
 
Hallo Sebastian!

Du hast zu 100 Prozent recht. Es ist dem, was du schreibst eigentlich auch nichts hinzu zu fügen. Es ist nur total frustrierend, wenn man teilweise zukünftigen Imkern zuhört, was bei der Varroa Sache ist...
Es ist aber oft genau so frustrierend, wenn man "erfahrenen" Imkern zuhört, wodurch die Völkerzahl reduziert wurde...
Manchmal ist es wirklich nicht leicht, ruhig und sachlich zu bleiben.

LG Albert
 
Hallo!

Sebastian schrieb:
enorme Verluste in der Anfangszeit (das drückt ein Hobbyist nie durch)
Und erst recht Der, der von der Imkerei leben muss. Ein Hobbyist will nicht und ein Professionist kann nicht.

Und es ist tatsächlich nicht so leicht einem erfahrenen Imker zu erklären dass seine Bienen im Herbst nicht einfach davon geflogen sind oder dass es auch nix nützt beim Weiselverlust im Frühjahr eine Drohnenwabe ins Volk zu hängen damit die Nachschaffungsweisel begattet wird :cry: .

Was noch immer fehlt ist mehr Bildung, auch in der Hobbyimkerei. Darum bin ich dankbar für die Imker die sich in diesem Bereich engagieren und helfen.

Gruß
Norbert
 
Ihr habt alle vollkommen Recht!!
Und ich bin über dieses Forum sehr froh, denn hier werden Themen unverblümt angesprochen und diskutuert. Jedes noch so ausgefallene Thema kann hier behandelt werden, ohne dass man "schief" angeschaut wird.
Ich würde mir das auch in unserem Imkerverein wünschen, aber außer einer Handvoll engagierter ist dort kein Pool offener Ohren für auch heikle Fragen. Und die Erfahrung von den alten Hasen wird meines Erachtens oft nicht weitergegeben oder existiert nicht.
Oder noch viel schlimmer: Für irgendein Problemchen gibt es nur die eine (einzige) Lösung eines Imkers, eine andere Sicht der Dinge wird gleich gar nicht zugelassen.
EIN Vortrag im Jahr ist mir zu wenig, um auf dem Laufenden zu bleiben. Deswegen besuche ich auch Vorträge in anderen Vereinen.
 
Hallo!

Sebastian schrieb:
*) keine genetische Stabilität: da laufend Drohnen aus dem konventionellen Genpool mitbegatten, ist das Ziel einer stabilen varrotatoleranten Linie nicht erreichbar, das Unternehmen ist - im kleinen Rahmen - von Anfang an dazu verurteilt auf halbem Weg steckenzubleiben

Das wäre ein weiteres Pro für die künstliche Besamung...

Gruß,
Hary
 
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