Info-Block September von WL Gerhard Mohr

Astacus

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16 Okt. 2007
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Südstadt
Imker seit
2004
Heimstand
Güssing
Rähmchenmaß/Wabengröße
EHM, Zanderflach
Eigene Kö Zucht ja/nein
Ja
Info-Block September
Tipps für Anfänger und Fortgeschrittene
WL Gerhard Mohr, Landeszuchtwart Vorarlberg, A-6952 Hittisau, Bolgenach 248
Tel-Nr. 0664/73836823 E-Mail: gerhard.mohr@vol.at
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Im September stehen nur noch wenige Arbeiten am Bienenstandstand an. Einzelne Nachkontrollen, Umweislungen oder Restfütterungen sind durchzuführen. Ab der zweiten Septemberwoche beginnt wieder die Schulzeit. Spätestens zu diesem Zeitpunkt möchte ich die gröbsten Arbeiten beendet haben, um mich wieder voll meinem Lehrerberuf widmen zu können

Natur und Bienenvolk im September

Obwohl oft noch schöne Tage mit viel Sonne bevorstehen (Altweibersommer), deuten schon viele Anzeichen auf den kommenden Winter. Der Sonnenstand wird niedriger, die Tage kürzer und die Nächte länger und kühler. Nebelfelder weisen auf den kommenden Herbst hin. Im Garten, im Wald und in den Feldern reifen die Früchte, die uns als Ernte oder den Tieren als Wintervorrat dienen. Auch die Zugvögel verabschieden sich wieder zum Flug in wärmere Gefilde.
Im Bienenvolk wirken sich die Impulse der Natur mit einem deutlichen Rückgang der Brutflächen aus. Es werden vorwiegend langlebige Winterbienen erbrütet. Insgesamt lässt die Aktivität der Völker deutlich nach. Die geschlüpften Winterbienen schonen sich für das kommende Frühjahr, nur die Sommerbienen sind noch aktiv. Wo vorhanden, sammeln sie Nektar und Pollen und versuchen auf jede erdenkliche Art die Wintervorräte zu vergrößern (Räubereigefahr!). Der Wintersitz wird hergerichtet, bewegliche Beutenteile und Ritzen stark verkittet. Die Drohnenschlacht, die schon im August begonnen hat, wird jetzt zu Ende geführt. Nur umweiselnde oder weisellose Völker pflegen noch größere Mengen an Drohnen.
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In Augebieten bietet das drüsige Springkraut noch einmal ausgiebig Nektar an.

Imkern im September

Welche Arbeiten stehen für den/die Imkerlin an?
· Futterkontrolle, wenn nötig Nachfütterung
· Kontrolle des Varroabefalls mit gittergeschützter Windel
· Vereinigung von evtl. noch vorhandenen schwachen Völkern: Das entweiselte schwache Volk wird mit einer Flachzarge dem zu vereinigenden Volk aufgesetzt. Dazwischen kommt angefeuchtetes Zeitungspapier, damit die Vereinigung friedlich vor sich geht.
· Umweiselung minderwertiger Königinnen
· Mottensichere Aufbewahrung des Wabenvorrats

Umweiselung von Königinnen

Bei einigen Völkern steht noch die Umweiselung an. Ich mache diese bei alten dreijährigen Müttern oder solchen, deren Entwicklung, Sanftmut oder Leistung nicht zufriedenstellend waren. Die Umweiselung von "Vollvölkern" ist manchmal eine heikle Sache, aber nach der Drohnenschlacht lässt sie sich im September problemlos durchführen.
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Im September ist es nicht allzu schwer, wertvolle Königinnen sicher einzuweiseln.

Für eine gute Annahme der neuen Königin ist vor allem die Stimmung des Volkes ausschlaggebend (ruhig, nicht gereizt). Nach dem Öffnen des Volkes suche ich zuerst die Brutwaben nach dergezeichneten Königin ab. In den meisten Fällen ist sie nach kurzer Zeit auf einer der wenigen Waben mit offener Brut zu finden. Es kommt manchmal vor, dass die Königin ungezeichnet ist oder gerade auf einer Futter- oder Leerwabe "spazierengeht", dann muss länger gesucht werden. Wenn ich sie nicht innerhalb etwa einer Viertelstunde finde, schließe ich das Volk wieder und versuche es an einem anderen Tag. Die gefundene Königin wird sofort abgedrückt (Es hat einige Jahre gedauert, bis ich mich zum ersten Mal zu dieser Maßnahme durchringen konnte). Dann wird beim nächsten vorgesehenen Volk des Standes dasselbe gemacht, usw. Nachdem die Völker entweiselt sind, werden die Jungköniginnen aus ihren Apidea-Kästchen geholt und in einen Nicot-Käfig mit gefüllter Futterteigkammer gegeben. Inzwischen hat bei den entweiselten Völkern die "Weiselunruhe" (nach ein bis zwei Stunden) eingesetzt und damit ist der optimale Zeitpunkt zum Zusetzen einer neuen Königin gekommen. Der Käfig mit der neuen Königin wird zwischen zwei Brutwaben eingeschoben (am besten dort, wo die alte Königin entnommen wurde) und die Futterkammer zum Ausfressen freigegeben. Durch das
seitliche Gitter nimmt die Königin Kontakt mit den Stockbienen auf und lässt sich füttern. Dadurch verbreiten die Bienen das Phero-mon schon im Bienenstock, bevor sie freigekommen ist. Nach einigen Stunden ist sie frei und kann mit der Eiablage beginnen. Ein mehrtägiges Sperren bringt meines Erachtens keinen Nutzen, denn dann beginnen die Bienen, auf der offenen Brut Nachschaffungszellen zu ziehen.
Wenn man noch sicherer gehen möchte, lässt man das Volk 9 Tage weisellos und setzt erst nach dem Ausbrechen der Nachschaffungszellen die neue Königin zu.

Verwertung der Kästchenbienen

Nach Abschluss der Umweiselung stehen bei mir zu Hause noch eine Menge Apidea-Kästchen, einige mit, die meisten aber ohne Brut und Königin herum.
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Gesundes Bienenmaterial aus Apidea-Kästchen kann für die Bildung von Reservevölkern genutzt werden.

Früher habe ich vorhandene Nachschaffungsköniginnen abgedrückt und die Bienen einfach an den Fluglöchern von Wirtschaftsvölkern abgeklopft. Die Brutwäbchen wurden in den hohen Boden von Völkern gestellt, bis sie geschlüpft waren Dabei gab es oft Beißereien, die Bienen wurden von den Völkern nicht gerne angenommen. Meist flogen die Kästchenbienen an ihren Aufstellungsplatz zurück und sammelten sich dort zu einer kleinen Traube, die, dem Wetter und Hunger ausgesetzt, über kurz oder lang zugrunde ging. Darum wende ich heute das Freiluft - Kunstschwarm - Verfahren nach Sklenar an. Solche Kunstschwärme können bis Ende September gebildet werden und ergeben überwinterungsfähige Reservevölker, denn sie bringen schon Winterbienen mit.

Freiluft-Kunstschwarm

Für die Bildung eines Schwarms benötigt man einen Tisch, eine Schwarmkiste und eine begattete Königin im geschlossenen Zusetzkäfig, der nicht mit Futterteig gefüllt ist (lockt sonst Räuberbienen an!).
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Die Arbeit is fertig, alle Bienen aus den Kästchen wurden abgeklopft.

Die beste Zeit ist der Nachmittag. Zuerst wird die Schwarmkiste mit geöffnetem Boden so auf den Tisch gestellt, dass unten Platz zum Einziehen von Bienen bleibt. Dann sucht man aus einem der vorgesehenen Apidea - Kästchen die begattete Königin heraus, zeichnet sie und gibt sie in den Käfig, der mit einem Draht am Deckel der Schwarmkiste befestigt wird.
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Die abgeklopften Bienen sammeln sich um die Königin.

Anfangs wird der Draht so lang gehalten, dass der Käfig auf dem Tisch aufliegt. Jetzt werden die Bienen des Kästchens auf den Käfig "draufgeklopft" und sammeln sich um die Königin. Dasselbe macht man mit den Bienen des nächsten Kästchens, usw. Bevor man die Bienen eines Kästchens abklopft, muss man aber eine evtl. vorhandene Königin entfernen. Wird versehentlich z. B. eine unbegattete Königin übersehen, so bildet sich sofort ein Knäuel um diese Königin. Dann suche ich sie her-aus und drücke sie ab. Je mehr Bienen sich um den Königinnenkäfig sammeln, desto höher wird er in der Schwarmkiste gehängt (kann am Draht hochgezogen werden). Viele der abgeklopften Bienen fliegen zuerst auf und pendeln zwischen ihrem vorherigen Standort und Freiluftkunstschwarm hin und her. Davon darf man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, bis am Abend hängen alle in der Schwarmkiste. Für die Bildung eines 1,5 - 2 kg schweren Schwarms benötigt man etwa 12 bis 15 schön gefüllte Apidea - Einheiten.
Wenn sich alle Bienen in der Schwarmkiste gesammelt haben, wird der Boden geschlossen, eine Varroabehandlung mittels Oxalsäureträufelung vorgenommen und der Schwarm für einen Tag in einen kühlen, dunklen Keller gestellt. Er kann dann am nächsten Abend auf Jungfernwaben (nach Möglichkeit mit Pollenreserven) eingeschlagen und sofort mit Winterfutter aufgefüttert werden. Durch den Schwarmakt fliegen die Bienen nicht mehr an ihren gewohnten Standort zurück. Solche spät im Jahr gebildete Kunstschwärme überwintere ich als Reservevölker auf einer Flachzarge

Rückblick Bienenjahr 2008

Am Ende dieses Info-Blocks möchte ich einen kurzen Rückblick auf das Bienenjahr im "Ländle" machen. Züchterisch verlief es für die meisten Imker recht gut. Vom Trachtangebot aber war bei uns in Vorarlberg ein klassisches Fehljahr, so dass für die meisten Bienenhalter im Lande der Spruch zutrifft: "Außer Spesen nichts gewesen!" Die Löwenzahnblüte honigte trotz teilweise schönem Wetter nur mäßig und auch vom Ahorn war für die Bienen kaum etwas zu holen. Weder auf der Fichte noch auf der Tanne konnten die Honigtauerzeuger große Kolonien aufbauen, die Waldtracht fiel komplett aus. Viele Imker mussten ihre Völker schon frühzeitig füttern und in den meisten Imkereien blieben die Schleudern unbenutzt. Solche Fehljahre sind nicht weiter tragisch, denn sie erhöhen die Chancen auf eine gute Waldtracht im kommenden Jahr. Jetzt sollten wir die Lagerbestände aktivieren, um unseren Stammkunden auch weiterhin unsere wertvollen Produkte anzubieten. Die alte Imkerregel, dass man immer mindestens eine Jahresernte im Honiglager als Reserve aufbewahren sollte, hat heuer ihre volle Gültigkeit.
 
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